Teil 1: Feldsteinkirchtürme auf dem Barnim

Was ist der Barnim? Geographisch nordöstlich von Berlin gelegen reicht die Gegend von Norden etwa vom Eberswalder Urstromtal bis zur Spree und zum Teltow im Süden und im Westen von Spree und Havel etwa bis zum Oderbruch. Historisch erfolgte in dieser Region von den Askaniern im 13. Jahrhundert ein Landesausbau durch die Gründung von Städten mit dem Ausbau der Handelsstraßen. Da ist es nicht verwunderlich, wenn um diese Zeit auch eine beträchtliche Anzahl von Dorfkirchen errichtet wurden, wobei als Baumaterial die reichlich vorhandenen Feldsteine genutzt wurden.


Die Marienkirche in Strausberg


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Blick über den Straussee
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Marienkirche
Der Turm der Marienkirche inmitten der Altstadt ragt weithin sichtbar über den Straussee. Auf dem Kirchplatz kann man auf einigen Informationstafeln Wissenswertes über die Pfarrkirche St. Marien erfahren.


Zusammengefasst liest man hier:
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Katze mit Infotafel
Pfarrkirche St. Marien
"Frühgotische Pfeilerbasilika, Mitte 13.Jh.; Einwölbung und Turmerhöhung Mitte 15. Jh., Gewölbemalereien von 1448; Schnitzaltar Anfang 16. Jh., Orgelprospekt von 1773, figürlicher Grabstein des märkischen Chronisten und Strausberger Pfarrers Andreas Engel (1561-1598), Portalvorbau an der Süseite von der Grabpyramide des Reichsgrafen von Schmettau, Garzau; um 1790 entstanden, 1815 angefügt". (Textquelle: Infotafel an der Kirche)

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Ausführlichere Informationen bekommt man auf der 2. Tafel 2 (Text leicht modifiziert, hb):

"Die Strausberger Marienkirche gehört zu den wenigen überlieferten Kirchen aus der Städtegründungszeit der Markgrafen Johann I. und Otto III. Strausberg liegt am Ostufer des Straussees. Die Kirche ist eine dreischiffige Pfeilerbasilika aus der Mitte des 13. Jahrhunderts mit breitem querrechteckigem Westturm und lang gestrecktem gerade geschlossenem Chorraum. In der Südwand des Turmes befindet sich noch ein alter verschütteter Aufgang. Der Turmraum wird von einem wahrscheinlich ursprünglichen Kreuzgratgewölbe überspannt. Im Langhaus erstrecken sich Spitzbogenarkaden über quadratischen Pfeilern. Das einzige (ursprüngliche - hb) vollständig erhaltene  Rundbogenfenster befindet sich an der Chornordwand. Der Bau besaß usprünglich flache Holzbalkendecken in Haupt- und Seitenschiffen; heute überspannen Kreuzrippengewölbe die Schiffe. Die baulichen Veränderungen im 15. Jahrhundert sind wohl auf die Zerstörungen von Stadt und Kirche infolge der Besetzung durch die Hussiten zurückzuführen."

Marienkirche in Strausberg
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Und weiter heißt es:
"Mit der Einwölbung des Langhauses mit einem Kreuzrippengewölbe wurden die Strebepfeiler an Schiff und Chor errichtet. Die rundbogigen Oberfenster wurden geschlossen und durch neue spitzbogige ersetzt. Wohl ebenfalls aus dieser Umbauphase stammen die breiten Seitenschifffenster mit Backsteingewänden. Die Gewölbemalerei ist im 15. Jahrhundert entstanden. Sie zeigt Ranken im Langhaus und figürliche Szenen im Chorhaupt, darunter die Darstellung des thronenden Weltenrichters, der Krönung Mariens, der Evangelistensymbole sowie Heiliger und musizierender Engel.
Der spätmittelalterliche, holzgeschnitzte und farbig gefasste Hochaltar mit einer begrünten Mondsichelmadonna im Mittelschrein entstand im 16. Jahrhundert. Weiterhin befinden sich im Innern der Kirche Gedenktafeln, Grabdenkmäler, Ölgemälde, eine äußerst seltene Büßerzelle (ein Pönitentiarum) und eine Orgel der Fa. Sauer."
(Text leicht modifiziert, hb)

Im Innern der Marienkirche von Strausberg
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Bleibt noch zu ergänzen, dass der sehr qualitätvolle Marienaltar auf einem aus Feldsteinen gemauerten Untersatz  (Altarstipes) steht. Maria ist von schwebenden Engeln umgeben, von denen zwei sie krönen, die anderen tragen die Leidenswerkzeuge Christi; an den Seiten befinden sich verschiedene Heilige. Qualitätvoll und regelmäßig ist auch das äußere Feldsteinmauerwerk der Kirche, nur bei der Aufstockung des Turmes wurden unregelmäßige Steine verwendet. Der massiv wirkende mächtige Turm mit dem dreifach abgetreppten Westportal hat die beeindruckenden äußeren Maße von 19,26 Meter Beite und 9,70 Meter Tiefe.

Dorfkirche Garzin

Gleich um die Ecke - man kann von Strausberg mit dem Fahrrad hinfahren*) - steht von einer Feldsteinmauer umgeben die Dorfkirche Garzin. Der Ort wurde 1309 erstmals urkundlich erwähnt, die Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert. Sie ist mit Westquerturm und geradem Ostabschluss von beeindruckender Schlichtheit.

Dorfkirche Garzin
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Für den Bau wurden regelmäßige Feldsteinquader verwendet. Beim Turm reichen diese bis Schiffshöhe, darüber hinaus sind sie (bis auf den Eckverband) unregelmäßig. Der schiffsbreite Turm hat die Maße 9,50 Meter Breite und 7 Meter Tiefe. Das Westportal stammt aus dem 19. Jahrhundert, ursprünglich sind jedoch die Dreifenstergruppe des Chores im Osten.

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*) Ein Dank für die Fahrräder geht an Karin und Chris in Strausberg!


Dorfkirche Reichenberg

Ein kleines Stückchen weiter in östlicher Richtung trifft man auf den Ort Reichenberg mit - ja, Feldsteinkirche... Der Westquerturm hat die gleiche Breite wie das Kirchenschiff, seine Maße sind 9,73 Meter Breite und 7 Meter Tiefe. An der Südwand des Turmes befindet sich ein Einstieg.


Dorfkirche Reichenberg
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Reichenberg wurde 1335 erstmals urkundlich erwähnt. Die Kirche stammt entweder aus dem 14. oder 15. Jahrhundert, für ihren Bau wurden unregelmäßige Feldsteine verwendet, an einigen Stellen (Fensterlaibungen) auch Backsteine. Auch hier findet sich an der Ostseite die typische Dreifenstergruppe.

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Dorfkirche Klosterdorf

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Klosterdorf liegt ebenfalls nur wenige Kilometer von Strausberg entfernt und hier treffen wir sogar auf eine vierteilige Feldsteinkirche! Alle Elemente (einer sogenannten vollständigen Kirche) sind vorhanden: Westquerturm, Schiff, eingezogener Chor und Apsis. Von den beiden vor der Kirche stehenden Informationstafeln erfährt man Näheres. Ihr Text sei deshalb hier zitiert:
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1) Klosterdorf am Rande der Märkischen Schweiz ist ein typisch brandenburgisches Kreuzangerdorf. Erstmals 1241/51 urkundlich erwähnt als "Closterstorp", vermutlich zwischen 1210 und 1220 von den Mönchen des Zisterzienser-Klosters Zinna gegründet und blieb bis 1553 in ihrem Besitz. Danach gelangte es nach der Reformation in den Besitz von verschiedenen Landesherren. Nach 1375 war das Dorf unbewohnt, ab 1471 sind erst wieder Bewohner nachgewiesen, die das Dorf bewohnten und 1472 in der Lage waren eine neue Glocke anzuschaffen. Die Kirche ist im Gebrauch geblieben und wurde von Nachbarorten genutzt. 1595 wurde die große Glocke von einem Unbekannten gestiftet.

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Die Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert ist ein Wahrzeichen von Klosterdorf.
Betrachtet man die Kirche genauer, so (sind) der querrechteckige Turm, das Schiff gleich breit mit eingezogenem Chor und als Abschluss eine halbrunde Apsis zu erkennen. Als Baumaterial sind regelmäßige Feldsteinquader verwendet worden, der Abschluss des oberen Turmes besteht aus Backsteinen. Der Sakristeianbau wurde aus unregelmäßigen Feldsteinen gemauert. Zwei moderne Strebepfeiler stützen die stark ausgebesserte Westseite.

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Drei Apsisfenster wurden erweitert und die Chorsüdseite hat zwei vergrößerte Fenster. Die zwei westlichen Fenster sind in alter Form erhalten. An der Nord- und Südseite folgen ein vergrößertes, ein vermauertes und an der Ostseite ein vergrößertes Fenster. Unter dem mittleren Fenster sind an der Nord- und Südwand je eine rundbogige vermauerte Pforte zu erkennen.

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Westeingang
Die Apsis wird im Innenraum von einer Halbkuppel überwölbt. Über dem Chorraum dehnt sich ein einjochiges Kreuzgratgewölbe aus. Das im Turm ursprüngliche Tonnengewölbe ist noch in Ansätzen erhalten geblieben. Der Chordachstuhl könnte noch vor der spätmittelalterlichen Zeit stammen. Der Dachstuhl über dem Schiff stammt voraussichtlich aus dem Spätmittelalter. Im Chorraum befindet sich ein aus dem 16. Jahrhundert stammender Taufstein aus Rüdersdorfer Kalkstein mit moderner Bemalung. Am Ende des Altarchores steht die Holzkanzel auf der Südseite. Die Kirche ist innen ausgemalt und hat eine bemalte Holzdecke. Die Orgel stammt von 1807, ist aber öfter erneuert worden. Im Turm befinden sich zwei Glocken, eine mit 75 cm Durchmesser und einer einreihigen Aufschrift und eine Zweite mit 85 cm Durchmesser und einer zweireihigen Aufschrift. Ein berittener Georg mit unterworfenem Drachen ist als Verzierung angebracht.
Text (kursiv): Tafel vor der Kirche, Jakobsweg östlich und westlich der Oder, Dorfkirche Klosterdorf

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vermauerter Nordeingang
2) Feldsteinkirche aus dem Ende des 13. Jh., ausgeführt als rechteckiger Granitquaderbau mit eingezogenem Chor, halbkreisförmiger Apsis und vorgelagertem Westturm in Schiffbreite.
Die frühen Kirchenbauhütten und deren Baumeister, die vermutlich aus Süddeutschland mit den Siedlern nach Osten vorrückten, orientierten sich an romanischen (sprich: römischen) und später an gotischen Stilelementen. Diese entstanden ursprünglich aus leichter zu bearbeitenden Gesteinen wie z. B. Sandstein und Kalkstein, aber auch aus vulkanischen Gesteinen wie Porphyr oder Basalt.
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Dorfkirche Klosterdorf
In Norddeutschland standen als Baumaterial zunächst nur die aus Skandinavien stammenden Tiefengesteine Granit, Gneis und die durch Druck und Hitze verfestigten Sedimente z. B. Quarzite zur Verfügung, die mit den eiszeitlichen Gletschern hierher transportiert wurden. Deren Bearbeiteung war beschwerlicher und verlangte große Erfahrung im Umgang mit den kristallinen Strukturen der oft zentnerschweren Gesteinsbrocken und daraus gewachsene Meisterschaft. Bemerkenswert sind daher die hier am Klosterdorfer Kirchenschiff erkennbaren, gut behauenen Quader aus den naturfarbigen Findlingen der Umgebung. Die sich durch den unterschiedlichen Mineralbestand ergebende Vielfarbigkeit wurde zugleich sparsam als Schmuck der Außenwände eingesetzt. Besonders die mit Rundbögen überwölbten, später vermauerten Eingänge und Fensterbögen zeigen die Sorgfalt, mit der man die harten Gesteine sorgfältig an die vorgegebenen Formen angepasst hat.
Musterhaft ist diese Bauweise in der Klosterkirche des Klosters Zinna (12. Jahrhundert) ausgebildet, zu dessen Besitz die Gemarkung Klosterdorf gehörte.
Text (kursiv): Tafel vor der Kirche, OFR Kirche Klosterdorf

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