Brunnen in Weißenburg (Bayern)


Bild "Weissenburg_05.jpg"
Das sollte man sich nicht entgehen lassen: Die historische Altstadt von Weißenburg beeindruckt mit ihrem geschlossenen Stadtbild - Marktplatz mit gotischem Rathaus, Andreaskirche, Stadtmauer mit dem schön erhaltenen Ellinger Tor, malerische Fachwerkbauten und vieles andere mehr. Brunnen gibt es natürlich auch.

Der "Schweppermannsbrunnen" auf dem Marktplatz in Weißenburg

Bild "Weissenburg_01.jpg"
Markt, Rathaus und Brunnen in Weißenburg
Der Brunnen vor dem Rathaus Weißenburg ist ein typischer Marktbrunnen mit achteckigem Wasserbecken, einer Brunnensäule mit vier Ausläufen und einer Ritterfigur mit Lanze obenauf. Häufig lassen sich diese Figuren als Roland deuten. Der Brunnen wurde 1548/49 errichtet, 1685 erneuert und hieß zunächst einfach nur "Schöner Brunnen", im Zuge der Romantik kam im 19. Jahrhundert dann die Bezeichnung "Schweppermannsbrunnen" auf.

Doch wer war Schweppermann?

Seyfried Schweppermann war ein (ursprünglich aus Nürnberg stammender) Feldhauptmann, unter dessen Kommando ein Weißenburger Fähnlein in der Schlacht bei Mühldorf 1322 kämpfte. Schweppermann wurde nach der Schlacht für seine Tapferkeit vom Kaiser hoch geehrt - und die sagenhafte Geschichte mit den Eiern hat sich später weit herumgesprochen und taucht sogar im Wilden Westen (Karl May: Der schwarze Mustang) auf...

Bild "Weissenburg_02.jpg"
Schweppermannsbrunnen
in Weißenburg
Doch lassen wir für die Sage zunächst Ludwig Bechstein zu Wort kommen:

Ludwig Bechstein: Schweppermanns Eier und Grab.

Unweit Amberg in der bayrischen Oberpfalz im Kloster Castel ruht der fromme Schweppermann, der war Feldmarschall Kaiser Ludwigs des Bayern, tapfer und bewährt, und half ihm vornehmlich zum Siege wider seinen Gegenkönig, Friedrich den Schönen von Österreich. Da nun die Siegesschlacht geschlagen war, darin Friedrich der Schöne gefangen worden, so sprach der Sieger zu dem Besiegten: »Seid Gott willkommen, Herr Vetter! Wir sehen Euch gerne« und behandelte ihn mild und gütig. Wie es nun an des Königs Tafel wenig zum besten gab, denn die Kriegsgurgeln hatten allen Vorrat aufgezehrt, wurde nur ein Körbchen mit Eiern beigebracht. Der Kaiser überzählte die Eier und fand, daß deren nur ein einziges mehr war als Personen an der Tafel saßen. Da nahm der Kaiser zwei Eier, legte diese auf Schweppermanns Teller und sprach:
Jedem ein Ei,
Dem frommen Schweppermann zwei.

Als nun Schweppermann gestorben und begraben war, da wurde ihm diese schöne Grabschrift gesetzt:
Hie liegt begraben Herr Seyfried Schweppermann
Alles thuns wandel an
Ein ritter keck vnde fest
Der czu Grundersdorf thät das best
Er ist nu tod
Dem genate got
Jedem eyn ey
Deme frommen Schweppermann zwey.

Quelle:
Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 555.
Permalink: http://www.zeno.org/nid/20004543009

Bild "Weissenburg_03.jpg"Bild "Weissenburg_04.jpg"

Ja, und dieser fromme Schweppermann soll nun auf der Brunnensäule in Weißenburg stehen. Genauer gesagt handelt es sich hierbei um eine Kopie, die ursprüngliche Figur befindet sich seit 1966 im Museum.

Und weil die Geschichte vom tapferen Ritter und den zwei Eiern so schön ist, haben etliche Autoren und Dichter sie verarbeitet - nachfolgend ein paar Beispiele:


Touristen in Thale - Frühstück mit Ei und Wabenhonig:
»Wo kampieren wir?« fragte der ältere, von der Türschwelle her Umschau haltend. Im selben Augenblick aber des geschützt stehenden Tisches mit dem großen Fliederstrauß ansichtig werdend, an dem die St. Arnauds eben noch gesessen hatten, schritt er rasch auf diese bevorzugte, weil windgeschützte, Stelle zu und sagte: »Wo das blüht, da laß dich ruhig nieder, böse Menschen haben keinen Flieder.« Und im selben Augenblicke sowohl Reisetasche wie Plaid über die Stuhllehne hängend, rief er mit charakteristischer Betonung der letzten Silbe: »Kellnér!«
»Befehlen?«
»Zuvörderst einen Mokka samt Zubehör, oder sagen wir kurz: ein Schweizer Frühstück. Jedem Mann ein Ei, dem tapfren Schweppermann aber zwei.«
Der Kellner lächelte schalkhaft vor sich hin und suchte, zu sichtlicher Freude der beiden neuen Ankömmlinge, durch eine humoristische Handbewegung auszudrücken, daß er nicht recht wisse, wer der zu Bevorzugende sein werde.
»Berliner?«
»Zu dienen.«
»Nun denn, Freund und Landsmann, Sie werden uns nicht verraten, wenn Sie hören, daß wir eigentlich beide Schweppermänner sind. Macht vier Eier. Und nun flink. Aber erst hier das alte Schlachtfeld abräumen. Und wie steht es mit Honig?«
»Sehr gut.«
»Nun denn auch Honig. Aber Wabenhonig. Alles frisch vom Faß. Echt, echt!«
Unter diesem Gespräche hatte der Kellner den Tisch klargemacht und ging nun, um das Frühstück herbeizuschaffen. Es folgte eine Pause, die das Berliner Paar, weil ihm nichts anderes übrigblieb, mit Naturbetrachtungen ausfüllte.
»Das also ist der Harz oder das Harzgebirge«, nahm der ältere zum zweiten Male das Wort, derselbe, der das kurze Gespräch mit dem Kellner gehabt hatte. »Merkwürdig ähnlich. Ein bißchen wie Tivoli, wenn die Kuhnheimsche Fabrik in Gang ist. Sieh nur, Hugo, wie das Ozon da drüben am Gebirge hinstreicht. In den Zeitungen heißt es in einer allwöchentlich wiederkehrenden Annonce: ›Thale, klimatischer Kurort‹. Und nun diese Schornsteine! Na, meinetwegen; Rauch konserviert, und wenn wir hier vierzehn Tage lang im Schmok hängen, so kommen wir als Dauerschinken wieder heraus. Ach, Berlin! Wenn ich nur wenigstens die Roßtrappe sehen könnte!«
»Du hast sie ja vor dir«, sagte der andre, während eben auf einem großen Tablett das Frühstück gebracht wurde. »Nicht wahr, Kellner, das rötliche Haus da oben, das ist die Roßtrappe?«
»Nicht ganz, mein Herr. Die Roßtrappe liegt etwas weiter zurück. Das Haus, das Sie sehen, ist das ›Hotel zur Roßtrappe‹.«
»Na, das ist die Roßtrappe. Das Hotel entscheidet. Übrigens, Pilsener oder Kulmbacher?«
»Beides, meine Herren. Aber wir brauen auch selbst.«
»Wohl am Ende da drüben, wo der Rauch zieht?«
»Nein, hier mehr links. Die Schornsteine nach rechts hin sind die Blechhütte.«
»Was?«
»Die Blechhütte. Blech mit Emaille.«
»Wundervoll! Mit Emaille! Fehlt bloß noch das Zifferblatt. Und darf man das alles sehn?«
»O gewiß, gewiß. Wenn die Herren nur ihre Karten abgeben wollen...«
Und damit brach das Gespräch ab, und die beiden Touristen par excellence machten sich an ihr Frühstück mit Ei und Wabenhonig.

Theodor Fontane: Cécile, Auszug aus Kapitel 3,
Textquelle: https://gutenberg.spiegel.de/buch/ccile-4440/3

----------------
Old Shatterhand ruft und Vetter Frank ist Droll über:
»Sei doch so gut und frag nich so konschterniert und deponiert! Ich habe dich ja gerade deshalb so lieb, weil du dümmer bist als ich. Wo wollte ich denn mit sämtlichen Schtrahlen meiner Weisheet hin, wenn ich niemand hätte, den ich damit erleuchten und obskurieren könnte? Es macht mich doch gerade das so glücklich, daß alle meine Worte wie een Regen sind, der mit seinen Tropfen die geistig Armen erfrischt und die eenzelnen Wissenschaften in das große Meer des philosophischen Oceanos schwemmt. Jene Henne sagte, als sie Eier legte: ›Jedem een Ei, aber dem hochschtudierten Schweppermann drei!‹ Du kannst doch nischt dafür, daß ich dieser Schweppermann bin und zwee Eier mehr bekommen habe als du. Aber habe nur keene Sorge nich! Ich weeß, was ich dir als Cousin und Vetter schuldig bin, und werde dir zuweilen von meinem Überflusse eene Portion Rührei mit Schtaudensalat zukommen lassen. Dein schpezieller Schaden soll es nich grad sein, daß die gütige Natur mich zu ihrem Liebling und Geschwisterkind erkoren hat. Mein Wahlspruch ist ja schtets gewesen: ›Singe, wem Gesang gegeben, in dem deutschen Dichterwald, und wer lebt, laß wieder leben, denn im Winter is es kalt!‹ Aber paß off ! Old Shatterhand scheint jetzt rufen zu wollen.«

Karl May: Der schwarze Mustang, Auszug aus Kapitel 4
Textquelle: https://gutenberg.spiegel.de/buch/der-schwarze-mustang-2351/4

-----------------
Die Hamsterbande teilt:
Da waren sie alle einverstanden. Am blauen Havelgestade unter zartrosa Apfelblüten, die noch zarter waren als Mariannes Speck, lagerte die Hamsterbande. Dort wurde geschmaust und die Beute ehrlich geteilt. Das war nicht ganz leicht. Siebzehn Eier waren da, geteilt durch acht Hamster, da kamen auf jeden zwei.
»Und der brave Schweppermann kriegt drei,« löste Annemarie die schwierige Frage. »Aber natürlich das angeknickte.«
Mit Grashalmen ward gelost, wer den längsten zog. »Hurra!« Marianne war Schweppermann und bekam als Zugabe das geknickte Ei.

Else Ury: Nesthäkchens Backfischzeit, Auszug aus Kapitel 7
Textquelle: https://gutenberg.spiegel.de/buch/nesthakchens-backfischzeit-7644/7

----------------
Napoleon schreibt den Monarchen einen Brief.
(Doch das Schreiben Napoleons...) trifft die verbündeten Herrscher im besten Zug, Europa unter sich zu teilen.
Bei diesem großen Menschenschacher, bei diesem öffentlichen Seelenhandel nimmt Rußland das Großherzogtum Warschau, Preußen verschlingt einen Teil des Königreichs Sachsen, einen Teil Polens, Westfalens, Frankens und hofft wie eine unermeßliche Schlange, deren Schwanz Memel berührt, seinen Kopf am linken Rheinufer hin bis Thionville zu verlängern. Österreich will wieder sein Italien haben, das es vor dem Vertrag von Campo-Formio hatte, sowie alles, was sein doppelköpfiger Adler auf Grund der Verträge von Luneville, Preßburg und Wien allmählich hat aus seinen Klauen fallen lassen. Der Statthalter von Holland, zum Königsrang erhoben, verlangt, daß man ihm die Einverleibung Belgiens, des Gebietes von Lüttich und des Großherzogtums Luxemburg in seine Erbstaaten bestätige. Der König von Sardinien endlich dringt auf die Vereinigung Genuas mit seinem Festlandstaate, von dem er seit 15 Jahren abwesend ist. Jede Großmacht will, wie ein marmorner Löwe die Kugel unter seiner Tatze, ein kleines Königreich für sich haben. Rußland fordert Polen, Preußen Sachsen, Spanien Portugal, Österreich, Italien. Und England, das die Kosten aller dieser Umwälzungen auslegt, soll wie der brave Schweppermann statt eines Eies zwei haben – Holland und Hannover.

Alexandre Dumas (der Ältere): Napoleon Bonaparte, Auszug aus Kapitel 7 - Die Hundert Tage
Textquelle: https://gutenberg.spiegel.de/buch/napoleon-bonaparte-1080/7

----------------
Bismarck: Drei Eier und ein zäher gallischer Hahn
Sein knurrender Magen verbesserte auch nicht gerade seine Verdüsterung.
Das Hauptquartier ritt um ½ 3 Uhr nachts von Rezonville ab. An Frühstück war nicht zu denken, und auch später hatte man nur Kommißbrot und Speck. Gegen Abend machte der Hunger sich geltend, bisher durch Aufregung gedämpft. Endlich trieb Otto bei einem Marketender fünf Eier auf, die er mit – sage und schreibe – 20 Franken bezahlen mußte. Da er sie gern roh aß, klopfte er zwei davon an seinem Degenkauf auf und verschlang sie. Mit den anderen drei ritt er zu General Sheridan und Graf Lehndorf: »Brüderlich teilen, jedem ein Ei, dem braven Schweppermann nicht zwei.« Daß er die zwei anderen schon intus hatte, verschwieg er diplomatisch, was man ihm nicht verübeln darf, sintemal er doch das Stück mit vier Franken bezahlte und ein übriges tat, den anderen Hungernden etwas davon abzugeben. Erst spät am anderen Tage bekam er etwas Warmes in den Magen, er begegnete Goeben, der ihm eine Erbssuppe verabreichte. Unterwegs stieß ihm ein Soldat auf, der ein Huhn trug. Er kaufte es ab und traf dann wieder einen Marketender, der ein gebratenes Huhn anbot. Das kaufte er und überließ ihm das andere Huhn. »Geben Sie mir's gebraten wieder, wenn wir uns wiederschauen. Wenn nicht, so hoff' ich, Sie werden es mir in Berlin zurückerstatten.« Ach, Roß und Reiter sah man niemals wieder und der gebratene Franzosenhahn trotzte den kühnsten Anstrengungen der Zähne, seine Zähigkeit übertraf weit die der französischen Infanterie, ein gallischer Hahn hat auch seinen Patriotismus, gebraten oder nicht!

Karl Bleibtreu: Bismarck - Ein Weltroman, Bd. 2, Auszug aus Kapitel 27
Textquelle: https://gutenberg.spiegel.de/buch/bismarck-ein-weltroman-band-2-845/27

-----------------
Immer nur Eier? Nein, auch Klöße...
In diesem Augenblicke trat das Sonnenscheinchen unter die Tür und sagte:
»Die Klöße sind fertig. Ihr sollt kommen, sagt die Mutter!«
Sie folgten diesem Rufe. In der Wohnstube stand Frau Paule wartend am gedeckten Tische. Ihr Mann hatte sie ›hübsch‹ genannt. Er hatte recht; sie war es wirklich. Ihr starkes, schönes, blondes Haar war nur um einen Schein dunkler als das ihres Kindes, und so ein liebes Gesicht wie sie kann nur eine Frau haben, die sich in ihrem Hause glücklich fühlt. Als sich jedes an seinen Platz gestellt und die Hände gefaltet hatte, erhob das Sonnenscheinchen seine Stimme und betete, die Augen begehrlich auf die dampfenden Klöße gerichtet:
»Komm, Herr Jesus, sei unser Gast, und segne, was du uns bescheret hast. Amen!«
Dann tat es einen Freudensprung und fügte schnell hinzu:
»Heut' ist aber der Herr Jesus gut, sehr gut!«
Die Eltern lachten über diesen begeisterten Andachtsschluß, und hierauf erging es der kleinen Beterin wie einst dem braven Feldhauptmann Schweppermann: Sie bekam gleich zwei Klöße auf einmal. Infolgedessen war sie so beschäftigt, daß sie vollständig vergaß, zu erzählen, was sie...

Karl May: Erzgebirgische Dorfgeschichten - Auszug aus Kapitel 3, Sonnenscheinchen
Textquelle: https://gutenberg.spiegel.de/buch/erzgebirgische-dorfgeschichten-6592/3

Natürlich gibt es zum alten Feldhauptmann Schweppermann auch Balladen und Gedichte...
Zum Beispiel diese beiden hier:

Thomas Oelkers - Der fromme Schweppermann

Es ritt ein wackrer Streiter
zu Nürnberg aus dem Tor;
doch ragte just der Reiter
zu Roß nicht hoch empor.
Drob lachten sein die Recken:
Vom Mann ist keine Spur;
wo mag der Ritter stecken?
Man sieht den Helmbusch nur!

Der ließ sich das nicht stören,
ritt still und keck von dann'.
Sollt seinen Namen hören:
er hieß Herr Schweppermann!
Gen Mühldorf mußt er reiten;
da war 'ne heiße Schlacht;
da tät er besser streiten
denn alle, die gelacht.

Wie saß er stolz zu Pferde,
tat nicht die Feinde scheun!
Ihr Herrn, ich fürcht, es werde
euch euer Spott gereun.
Seht seines Schwertes Schimmer
hell leuchten durch die Schlacht!
Am besten lacht doch immer,
wer just am letzten lacht!

Dem Bayern Ludwig ließen
sie dort das blut'ge Feld.
Wie ward von ihm gepriesen
Herr Schweppermann, der Held!
Sagt, wer wohl würd'ger streitet,
sprach er, in diesem Krieg?
Er hat allein bereitet
uns den ruhmvollsten Sieg!

Doch nach dem heißen Trabe
gab's auf der ganzen Flur
schier weiter nichts zur Labe
als wenig Eier nur.
Herr Ludwig sprach: Bekommen
soll männiglich ein Ei;
doch meinem Held, dem frommen,
gehören billig zwei!

Tät Schweppermann sich heben
im Sattel hocherfreut.
Der kleinste Ritter eben,
der ward der größte heut!
Gen Nürnberg ritt er heiter;
da ging ein froh Geschrei:
ein Ei gebt jedem Reiter,
dem frommen Schweppermann zwei!

-----------------------
"Der fromme Schweppermann". Gedicht über die Figur des vermeintlichen Feldherrn Ludwigs des Bayern, von Theodor Oelkers (1816-1869). (aus: Josef Weber/Franz Xaver Rambold, Die Schlacht bei Mühldorf. Festschrift, Mühldorf 1922, 79f.) Gefunden bei https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Schlacht_von_M%C3%BChldorf,_1322


Und wie die alten Recken - unter ihnen Schweppermann - dann zu feiern wissen, das beschreibt Max Eyth in seinem historisch-romantischen Gedicht Volkmar. Hier ein Auszug:

Das Siegesfest.

Zu Aachen im funkelnden Krönungssaal,
Da schallen die Lieder, da schäumt der Pokal;
Sie halten das letzte, das lustige Fest,
Eh das treue Heer den Kaiser verläßt;
Denn Frieden soll es ja werden.

Im Hofe bei rötlichem Fackelschein
Singt Knecht und Knappe von Lieb' und Wein;
Und oben im Saale sitzen die Herrn,
Die Edlen des Reiches, Stern an Stern,
Und trinken und singen hinunter.

Dort hinten am kleinen marmornen Tisch
Ein Häuflein zecht, so jugendfrisch;
Von Nürnberg der bärtige Schweppermann,
Der führt das Kommando, wie's keiner kann,
Beim Fechten, wie beim Gelage.

»Auf, trinket, ihr Herren, so lang es Zeit;
Denn morgen ist's aus mit der Herrlichkeit!
Die Schwalben ziehn zum Neste frei;
Singt, singt! Und ist die Frist vorbei,
So wollen wir wieder reiten!«

»Es schickt mir der Kaiser – 's kommt eben recht –
Einen goldenen Becher, so klar und echt,
Wie ich noch keinen gesehn im Land;
Ich setz' ihn fürs schönste Lied zum Pfand,
Das ihr mir zusammenreimet!«

Und der von Liebstein, ein Junge keck,
Der saß mit Sitten am untersten Eck;
Die Ritter lächeln und lauschen in Ruh,
Der griff in die Saiten und sang dazu;
»Was soll ich singen, als Liebe?

Ich saß um Mitternacht allein
Wohl still beim schäumenden Becher Wein,
Die Augen wurden mir trübe;
Der Regen schlug an die Scheiben mit Macht,
Es wühlte der Sturm in der tosenden Nacht
Und im Herzen, im Herzen die Liebe.

Ihr falschen Sorgen, nein, nimmermehr!
Nicht beb' ich vor Wettern, dunkel und schwer.
Vor der Blitze schmetterndem Hiebe;
Und doch – was klopft's in der Brust mir bang?
Das macht der Saite zitternder Klang
Und im Herzen, im Herzen die Liebe.

Noch ist nicht verklungen mein letztes Lied,
Noch hat es da drinnen nicht ausgeglüht,
Ob auch nur die Sehnsucht mir bliebe;
Was frag' ich nach Hoffen, was frag' ich nach Glück?
Ein Becher blinket, ein Sonnenblick
Und im Herzen, im Herzen die Liebe.

Und stünd' ich allein im tosenden All
Umdonnert von stürzender Felsen Schwall,
Der unter dem Fuß mir zerstiebe:
O Wonne, von Tod und Schrecken umsaust!
Den Stolz auf der Stirne, den Trotz in der Faust
Und im Herzen, im Herzen die Liebe!

Ich rief's; da strömte die Trän' ins Glas,
Und hochauf schäumte das funkelnde Naß,
Damit mir's den Kummer vertriebe;
Hinab mit der Träne! Ob's schäumet und grollt.
In die Saiten gegriffen, die Nächte vertollt,
Im Herzen den Tod und die Liebe!«

Da lacht hellauf der bärtige Chor:
»Wer lieben will, der stirbt zuvor!
Blondlockiges Knäblein, trink Wein, trink Wein!«
Und errötend beugte der Junge hinein
Den Kopf in den wuchtigen Humpen.

Da hob sich Herr Rinddorf, riesig und schwer,
Ein Recke mit Narben in Kreuz und Quer';
Man zählt' an die dreißig. Schlachten dran.
Wie die Ring' am Eichbaum; das war ein Mann,
Wie sie seitdem selten geworden.

»Blut, Blut, das ist mein Leben!
Es schäumt im Becher dunkelrot;
Vivat der Sorgenbrecher!
Ein braver deutscher Zecher –
Der trinkt sobald sich nicht zu Tod';
Blut, Blut, das ist mein Leben!

Blut, Blut, das ist mein Leben!
Wenn morgens früh das Hüfthorn schallt,
Geht mir beim Bärenhetzen
Der schönste Hund in Fetzen,
So sing' ich fröhlich durch den Wald:
Blut, Blut, das ist mein Leben!

Blut, Blut, das ist mein Leben!
Wir reiten lustig in die Schlacht,
Und soll ich morgen sterben.
Will ich den Anger färben
(Ich Hab' mir's anders nie gedacht;)
Mit Blut, das ist mein Leben!«

Da lacht hellauf der bärt'ge Chor;
Er stürzte den Humpen fast übers Ohr;
Er stampft vor Lust, wild klirrt der Sporn;
Der ist ein Ritter von altem Korn!
»Wer singt mir ein besseres Liedchen?«

Der Alte dort mit dem schneeigen Bart –
Seht ihr ihn lächeln in seiner Art?
Er wischt sich den Mund, vom Weine naß;
Er klappt mit dem Stelzfuß; es dröhnt sein Baß,
Daß die Wölbung zittert im Saale.

»Der Kaiser nimmt des Reiches Kron;
Es kriegt ein jeder seinen Lohn;
Ich hinke heim auf einem Bein;
Ich hab' den meinen schon.

Zu Mühldorf – wer hätt' das gedacht? –
War' fast der Sach' ein End' gemacht,
Verhungert war' schier Mann und Maus
Zu Mühldorf in der Schlacht.

»Und jedermann bekommt sein Ei;
Der fromme Schweppermann kriegt zwei!«
So sprach der Kaiser auf dem Plan;
Da war der Krieg vorbei.

Der Kaiser nimmt des Reiches Kron;
Es kriegt ein jeder seinen Lohn;
Ich hinke heim auf einem Bein;
Ich hab' den meinen schon.«

Da lacht hellauf der bärt'ge Chor:
»Zwiefach soll trinken, wer's Bein verlor!«
Und er trank, bis der volle Humpen baß
Wie ein Helm auf dem eisigen Schädel saß,
Eh' er genug getrunken.

Und die Reihe kam an den Schweppermann:
»Ihr Herren, ein Liedlein ich singen kann;
Ich habe den süßen Minneschall
Gelernt von keiner Nachtigall
Im dichten, grünen Walde.

Ich habe zum Singen wohl eine Zung'
Und eine Kehle; das ist genung,
Ich brauche nicht lange Melodei;
Ich singe von der Leber frei,
Wie ich im Feld gesungen.

Die Zunge mein ist eitel Erz;
Durch Mark und Bein dringt sie ins Herz;
Laut soll sie schallen durch Freund und Feind:
Ein Hund, wer es nicht ehrlich meint!
Es lebe der Kaiser, mein Herre!«

Und mit dem Schwerte, von Schlachten blank,
Zerspaltet er donnernd die Marmelbank;
Hell spritzt der Wein zur Decke hinan:
»Es lebe der alte Schweppermann!
Er hat den Becher gewonnen!«

So tranken sie durch die wilde Nacht,
Bis dämmernd im Fenster der Tag erwacht;
Du alte Zeit, wo ist dein Mark,
So unverwüstlich, so riesenstark
In Lust und auch in Taten?


Max Eyth: Volkmar, historisch-romantisches Gedicht, aus: Feierstunden, 1904, Auszug Kapitel 5, 4. Das Siegesfest. Textquelle: http://gutenberg.spiegel.de/buch/volkmar-3846/1


Der Millenniumsbrunnen in Weißenburg


Bild "Weissenburg_08.jpg"
Der moderne Brunnen illustriert die Weißenburger Geschichte. 24 Jahreszahlen verweisen auf bedeutsame Ereignisse der Stadt. Die Zahlen beginnen mit 89 - in diesem Jahr wurde das Römerkastell Biriciana angelegt - und enden mit der Zahl 2000, dem Jahr der Inbetriebnahme des Brunnens.
Und die 22 Zahlen dazwischen? Tja, entweder vor Ort einen Weißenburger fragen oder auf der Webseite der Stadt (https://www.weissenburg.de/sehenswertes/millenniumsbrunnen-3093/) nachsehen...


Bild "Weissenburg_06.jpg"Bild "Weissenburg_07.jpg"

Den Milleniumsbrunnen schuf der Eichstätter Bildhauer Günther Lang, er verwendete Kalkstein und Bronze für die Gestaltung.

Bild "2_next.png"
zu Wilhelmine nach Westerland