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Brunnen und Wasserspiele in Weimar - ein Spaziergang: Teil 2
Goethe-Schiller-Denkmal
dem dem Deutschen Na-
tionaltheater in Weimar
Muss man betonen, dass Weimar eine ganz besondere Stadt ist? Nein, muss man nicht, denn beim Bummeln durch die Innenstadt spürt man den Genius loci ganz von selbst. Setzen wir (1) also unseren Spaziergang fort, lassen uns treiben und kommen dabei entspannt wie zufällig an belebten und stillen Weimarer Plätzen mit Brunnen (2) vorbei...
(1) Wir - das sei hier ausnahmsweise erwähnt - sind/waren ehemalige Schüler der Humboldt-EOS Magdeburg, die sich 50 Jahre nach ihrem 1974er-Abitur (Klasse 12s2) für ein paar Tage in Weimar getroffen haben, um in alten Erinnerungen zu kramen und gemeinsam die schöne Stadt zu erleben.
(2) Über die Brunnen in Weimar ist bereits sehr viel geschrieben und gesagt worden. Das tat aber unserem Spaziergang keinen Abbruch, denn der Genius loci war ja bei uns...
Wir starten vor dem Deutschen Nationaltheater, unübersehbar erhebt sich davor die von Ernst Rietschel geschaffene Bronzegruppe der Dichterfürsten Goethe und Schiller. Doch es gibt noch andere schöne Bronzeplastiken in Weimar:
Der Donndorfbrunnen
Adolf Donndorf (1835-1916, ab 1889 von Donndorf) war ein Schüler Rietschels und wurde in Weimar geboren. Donndorf schuf eine Reihe von bedeutenden Plastiken und Skulpturen, unter anderem in Weimar das Reiterstandbild von Großherzog Carl August. Die Figurengruppe der Wasser holenden Mutter mit ihren Kindern stammt ebenfalls von ihm. Er hatte sie 1881 für die James Fountain in New York geschaffen, die Bronzeplastik in Weimar ist ein Nachguss. Wie man sehen kann, wurde der Nachguss 1893 von Hugo Pelargus in Stuttgart ausgeführt. Auf der Vorderseite des Sockels liest man die Inschrift "Meiner Vaterstadt in Liebe und Dankbarkeit gewidmet", auf der Rückseite befindet sich die Jahreszahl 1895. Zwei bronzene Löwenköpfe speien an den Seiten das Wasser in ein Granitbecken.
Zuvor stand bereits ein kleinerer Brunnen an derselben Stelle (Adele-Brunnen), die in das Pflaster eingelegte Jahreszahl 1856 nimmt darauf Bezug.
Die Darstellung der Wasser holenden Mutter mit ihren zwei Kindern erinnert stark an verwandte Figurengruppen mit dem Thema der Caritas (Nächstenliebe).
Die Darstellung der Wasser holenden Mutter mit ihren zwei Kindern erinnert stark an verwandte Figurengruppen mit dem Thema der Caritas (Nächstenliebe).
Der Gänsemännchenbrunnen
Foto: L. Peitzsch
Es liegt wohl nicht nur am leckeren Eis, dass der Gänsemännchenbrunnen in der Schillerstraße Weimars beliebtester Brunnen ist...
Goethe hatte in Nürnberg das Original des Gänsemännchenbrunnens gesehen, hielt den "Entenmann" für ein typisches Beispiel der deutschen Kunst des 16. Jahrhunderts (->Nürnberg) und besorgte sich einen Abguss der Figur.
Goethe hatte in Nürnberg das Original des Gänsemännchenbrunnens gesehen, hielt den "Entenmann" für ein typisches Beispiel der deutschen Kunst des 16. Jahrhunderts (->Nürnberg) und besorgte sich einen Abguss der Figur.
Auch Großherzogin Maria Pawlowna war im Besitz eines Abgusses, dieser diente dann als Vorlage für den 1863/64 in Weimar errichteten Brunnen. Der Brunnen zeigt in der oberen Brunnenschale einen Bauern, der es nicht über's Herz brachte, seine zwei Gänse auf dem Markt zu verkaufen und mit ihnen unter den Armen wieder heimkehrte.
Nach dem ersten Entwurf 1863 erwies sich das untere Brunnenbecken als zu klein, es fand schließlich Verwendung beim Brunnen am Lesemuseum.
Der Neptunbrunnen
Auf dem Marktplatz steht der älteste Brunnen Weimars. Bereits 1540 wurde hier ein einfacher Brunnen erwähnt, später kam eine Löwenfigur dazu, doch seit 1774 ziert die Figur des römischen Gottes Neptun nebst wasserspeiendem Delphin und Putto die Brunnensäule im achteckigen Sandsteinbecken. Neptun mit seinem Dreizack ist wohl die am häufigsten dargestellte Götterfigur bei Brunnen. Dieser Neptun ist allerdings bereits die zweite Kopie, das Original vom Hofbildhauer Martin Gottlieb Klauer 1742-1801) kann im Museum bestaunt werden.
Meeresgott Neptun schaut reichlich erregt in die Runde, denn er ist ziemlich aufgebracht...
Meeresgott Neptun schaut reichlich erregt in die Runde, denn er ist ziemlich aufgebracht...
Was war geschehen? Der römische Dichter Vergil (70-19 v.u.Z.) erzählt davon: Aeneas konnte per Schiff aus dem brennenden Troja entkommen, doch Juno (resp. Hera) machte ihm und allen Trojanern (weil einst der Trojaner Paris ihr einen Apfel bei dem verhängnisvollen Urteil nicht zuerkannt hatte) das Leben schwer und schickte einen gewaltigen Sturm, der das Meer aufwühlte. Neptun (Poseidon) war dabei übergangen worden und gebot schließlich mit dem berühmten Drohruf "Quos ego!" (lat.), "Euch werd' ich-!" den Winden, die ohne ihn zu fragen gestürmt hatten, endlich wieder Einhalt.
Ja, und diese Worte QUOS EGO, eine sogenannte Aposiopese (d.i. eine rhetorische Figur, bei der das letzte Wort nicht ausgeprochen wird) sind hier in Weimar auf dem Sockel eingemeißelt.
Ja, und diese Worte QUOS EGO, eine sogenannte Aposiopese (d.i. eine rhetorische Figur, bei der das letzte Wort nicht ausgeprochen wird) sind hier in Weimar auf dem Sockel eingemeißelt.
Der Ildefonso-Brunnen
Bleiben wir noch ein wenig in der Antike: Das Brunnenbecken hinter dem "Roten Schloss" in Weimar erinnert an die Zeit der alten Römer und insbesondere die dahinter befindliche Bronzegruppe lässt sogar an die klassische griechische Periode denken.
Und in der Tat existiert ein antikes marmornes Original. Doch dieses Originalstandbild ist selbst eine römische Kopie, vielleicht von dem Bildhauer Pasiteles (um 100 v.u.Z), der mit Vorliebe griechische Statuen zum Vorbild nahm. Dieses "Original"-Doppelstandbild, dessen Fundort unbekannt ist, stand eine Zeit lang im spanischen San Ildefonso, wo König Philipp V. von Spanien einen Landsitz mit Antikensammlung hatte. Bei der Überführung der Gruppe in den Prado in Madrid wurde nun einfach der Name Ildefonso vergeben.
Wen oder was stellen die beiden melancholischen jungen Männer dar? Schauen wir genauer hin: Der rechte Jüngling trägt zwei Fackeln, von denen die eine gerade auf dem Altar gelöscht wird. Der zweite lehnt sich an seine Schulter und hält eine kreisförmige Scheibe in der Hand. Eine Opferschale? Oder ein Spiegel? Seitlich hinter dem ersten steht eine kleine Frauenfigur (eine Kore), die einen kleinen runden Gegenstand in der Hand hält. Ein Granatapfel? Vielleicht stellt die archaisch anmutende Figur ja Persephone dar, die jeweils ein halbes Jahr in der Unterwelt verbringen muss.
"Schlafes Bruder ist der Tod" heißt es - und so werden die zwei jungen Männer oft als diese beiden Brüder gedeutet: Der Schlaf versinkt ganz in sich bei der Betrachtung eines (inneren?) Spiegelbildes und der Tod löscht letztendlich die Fackel des Lebens aus.
Aber es gibt auch andere Deutungen. Und vielleicht handelt es sich ja doch um die beiden Zwillinge Castor und Pollux.
Die Gruppe der zwei Jünglinge regt jedenfalls zum Nachdenken (3) an. Sie wurde ab dem 17. Jh. oft kopiert und gern in Parks oder Schlössern aufgestellt.
Aber es gibt auch andere Deutungen. Und vielleicht handelt es sich ja doch um die beiden Zwillinge Castor und Pollux.
Die Gruppe der zwei Jünglinge regt jedenfalls zum Nachdenken (3) an. Sie wurde ab dem 17. Jh. oft kopiert und gern in Parks oder Schlössern aufgestellt.
3) Auch wir wurden nachdenklich - 50 Jahre nach dem Abitur waren nicht mehr alle bei dem kleinen Brunnen-Spaziergang in Weimar dabei...
Zum Glück gibt es nach so viel ehrwürdiger Klassik auch echt komisches:
Der Spuck-Schluck-Brunnen
Die drei Köpfe am Boden sind kein Brunnen im üblichen Sinne, vielmehr eine lustige Angelegenheit. Kontinuierlich kommt aus dem Mund des Frauenkopfes ein Wasserstrahl, ein Männerkopf gegenüber saugt das Wasser begierlich ein und einem dritten läuft es aus beiden Ohren heraus. Hm, was mag das bloß bedeuten?
Das hintersinnige Wasserspiel wurde 2007 von Walter Sachs geschaffen, von ihm stammt auch der "Versunkene Riese" auf dem Frauenplan.
Das hintersinnige Wasserspiel wurde 2007 von Walter Sachs geschaffen, von ihm stammt auch der "Versunkene Riese" auf dem Frauenplan.
Der Goethebrunnen
"Versunkener Riese" am Frauen-
plan
Hier am Frauenplan hat der Riese, pardon, der Dichterfürst gewohnt. Da ist klar, dass der Brunnen auf dem Platz natürlich Goethebrunnen heißt. Der 1822 aufgestellte achteckige Brunnen ist der erste von zwei gusseisernen Brunnen dieser Art (der andere ist der Herderbrunnen). Das Wasser kommt aus dem Maul eines kleinen Delphins, der sich an dem seitlichen Obelisken befindet. Der Delphin scheint ja ein guter Freund Neptuns zu sein, warum sonst wohl hält er einen Dreizack im Schwanz? Ein nachempfundener Krater (antikes Gefäß zum Weinmischen) steht auf dem Obelisken, die seitlichen Initialen CA verweisen auf den Großherzog Carl August.
Wielandbrunnen
"Tschüss Weimar"
Foto: F. Bothe
Unser Brunnen-Spaziergang ist beendet - vorläufig, denn es gibt noch mehr Brunnen und Wasserspiele in Weimar zu entdecken. Den Wielandbrunnen zum Beispiel oder den Brunnen vor dem Haus der Frau von Stein. Beide sahen wir nur von Ferne, auch vieles andere hoben wir uns für später auf. Gründe genug, wiederzukommen!
Tschüss Weimar, bis zum nächsten Mal!
Tschüss Weimar, bis zum nächsten Mal!
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Brunnen und Wasserspiele überall in Deutschland
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Bei einem Brunnenspaziergang kommt man natürlich auch an vielen weiteren Sehenswürdigkeiten vorbei. Wenn Sie mehr erfahren möchten, dann schauen Sie hier:
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