Denkmale, Skulptur und Plastik in Brandenburg (Havel)

...Undine, Möpse und anderes
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"Waldmops" in der Stadt
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Brandenburg, Dominsel und Dom
Die alte slawische Ringwallburg Brandenburg (auch Brennabor) gab der späteren Stadt und inzwischen einem ganzen Bundesland den Namen. Die Burg ist längst verschwunden, hier steht bereits seit Jahrhunderten der Dom des 948 von Otto I. gegründeten Bistums, doch die Stadt, die sich ursprünglich aus zwei Siedlungskernen (Altstadt und Neustadt) entwickelte, blüht*) und verändert sich stetig.
*) Blühen ist tatsächlich wörtlich zu nehmen: auf vielen Wiesenstücken im Stadtinnern und an den Havelufern findet man Tafeln ("Brandenburg blüht") an den Wiesen mit dem Hinweis, dass hier nicht gemäht wird - und so blühen dort viele verschiedene Gräser und bunte Feld- und Wiesenblumen... Da fühlen sich sogar Waldmöpse wohl. Was es mit diesen auf sich hat? Sie sind eine Remineszenz an Vicco von Bülow (Loriot), der in Brandenburg das Licht der Welt erblickte und hier ein Denkmal hat.

Ein Denkmal für Loriot
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Loriot (genauer: Bernhard-Viktor Christoph Carl von Bülow) wurde 1923 in Brandenburg geboren. Er war ein begnadeter Humorist und Satiriker, der durch seinen feinsinnigen Humor begeistert.

Undine in Brandenburg


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Undine
Zu einer ganz anderen Zeit, 1777, wurde in Brandenburg Friedrich Heinrich Karl Baron de la Motte Fouqué geboren. Motte Fouqué gilt als einer der ersten deutschen Dichter der Romantik; er schrieb die Erzählung "Undine". Viel Wasser kommt darin vor, entfernt schimmert der Sagenkreis um Melusine hindurch. Denn das Mädchen Undine stammt (wie Melusine) aus einer anderen Welt, einer Parallelwelt, es wächst bei Pflegeeltern auf, die es anstelle ihrer ertrunkenen Tochter aufnehmen. Später verirrt sich ein Prinz - der Ritter Huldbrand - zu ihr...
In Brandenburg reifte daher die Idee, mit Undine die Havelpromenaden zu verschönern.

Undine
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Undine: Wie der Ritter zu dem Fischer kam.
Es mögen nun wohl schon viele hundert Jahre her sein, da gab es einmal einen alten guten Fischer, der saß eines schönes Abends vor der Thür, und flickte seine Netze. Er wohnte aber in einer überaus anmuthigen Gegend. Der grüne Boden, worauf seine Hütte gebaut war, streckte sich weit in einen großen Landsee hinaus, und es schien eben so wohl, die Erdzunge habe sich aus Liebe zu der bläulich klaren, wunderhellen, Fluth, in diese hinein gedrängt, als auch, das Wasser habe mit verliebten Armen nach der schönen Aue gegriffen, nach ihren hoch schwankenden Gräsern und Blumen, und nach dem erquicklichen Schatten ihrer Bäume. Eins ging bei dem Andern zu Gaste, und eben deshalb war jegliches so schön. Von Menschen freilich war an dieser hübschen Stelle wenig oder gar nichts anzutreffen, die Fischer und seine Hausleute ausgenommen. Denn hinter der Erdzunge lag ein sehr wilder Wald, den die mehrsten Leute wegen seiner Finsterniß und Unwegsamkeit, wie auch wegen der wundersamen Creaturen und Gaukeleien, die man darin antreffen sollte, allzusehr scheueten, um sich ohne Noth hineinzubegeben. Der alte fromme Fischer jedoch durchschritt ihn ohne Anfechtung zu vielen Malen, wenn er die köstlichen Fische, die er auf seiner schönen Landzunge fing, nach einer großen Stadt trug, welche nicht sehr weit hinter dem großen Walde lag. Es ward ihm wohl mehrentheils deswegen so leicht, durch den Forst zu ziehn, weil er fast keine andre, als fromme, Gedanken hegte, und noch außerdem jedesmal, wenn er die verrufenen Schatten betrat, ein geistliches Lied aus heller Kehle und aufrichtigem Herzen anzustimmen gewohnt war. (...)

(zu diesem Fischer kommt Ritter Huldebrand, ist Gast und muss wegen Unwetter und Überschwemmung eine Weile bleiben. -hb)
(...) Da flog die Thüre auf, und ein wunderschönes Blondchen schlüpfte lachend herein, und sagte: Ihr habt mich nur gefoppt, Vater; wo ist denn nun Euer Gast? — Selben Augenblicks aber ward sie auch den Ritter gewahr, und blieb staunend vor dem schönen Jünglinge stehn. Huldbrand ergötzte sich an der holden Gestalt, und wollte sich die lieblichen Züge recht achtsam einprägen...

Friedrich de la Motte Fouqué: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189. Erstes Kapitel.
mehrere Textquellen zu Undine sind online verfügbar, z. B.
Eine illustrierte Erzählung im    --> Goethezeitportal.de
oder im Projekt Gutenberg    --> Projekt-Gutenberg.org


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Undine hält einen Fisch und eine Muschel in den Händen. Fisch und Muschel symbolisieren männliche und weibliche Seiten, Konstruktives und Sinnliches, Zerstörendes und Bewahrendes, Stärke und Schwäche. Die Geschichte der Undine von Motte Fouqué geht tragisch aus, die Liebe zwischen den so sehr verschiedenen Wesen scheitert. Undines Blick ist melancholisch, doch ihre Haltung zeigt: seht her, so ist es eben - jede Liebe ist es wert zu leben!

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Die Bronzefigur ist ein Geschenk des Rotary-Clubs an Brandenburg. Die Plastik wurde 2015 von Heike Adner und Knuth Seim erschaffen.
Was hat uns Undine heute zu sagen? Offenbar viel, Ingeborg Arlt hat in Brandenburg einen sehr interessanten Vortrag dazu gehalten: (-->Fouqués Undine, pdf-Datei) und aktuell (2020) läuft ein Film ("Undine") im Kino.


Die schöne Galatea


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Und noch andere Wasserwesen begegnen uns in Brandenburg, diesmal auf der Dominsel: Es sind die Nereide Galatea, in der griechischen Sage die Tochter des Meeresgottes Nereus und seiner Gemahlin Doris, umgeben von drei Tritonen - Muschelhorn blasende niedere Meeresgottheiten, halb Mensch halb Fisch.

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Auf der Tafel liest man über das Schicksal der Figurengruppe Folgendes: "Die fünf Brunnenfiguren, eine Galatea mit Tritonengruppe, wurden durch einen italienischen Bildhauer im 17. Jahrhundert erschaffen. Sowohl die wissenschaftlich erforschte Herkunft des Materials als auch die Qualität der Skulpturen lassen auf den Einfluss des berühmten Barockbildhauers Gian Lorenzo Bernini (1598-1680) schließen. Über den Kunsthandel gelangte die Figurengruppe Anfang des 20. Jahrhunderts nach Brandenburg an der Havel. Nachdem die Figuren viele Jahre beschädigt und weitgehend unbeachtet in der Nähe der Luckenberger Brücke standen, wurden sie auf Initiative und mit Unterstützung des Rotary Clubs Brandenburg/Havel geborgen und restauriert."

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Triton: Sohn des Poseidon und der Amphitrite

Wo die Liebe hinfällt: Die schöne Galatea liebte angeblich den ungeschlachten und einäugigen Zyklopen Polyphem. (Sie erinnern sich: Polyphem wurde später von Odysseus geblendet.) Nach einer anderen Version der griechischen Sagen verliebte sich Galatea in den jungen Acis (oder Akis), die beiden wurden dabei von Polyphem beobachtet und der schmetterte rasend vor Eifersucht einen Felsblock auf das verliebte Paar... (Diese Szene wird im berühmten ->Medici-Brunnen in Paris thematisiert.)

Paris in Brandenburg


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Wir bleiben noch einen Moment in der Antike: In Brandenburg begegnen uns nicht nur die schöne Galatea, sondern auch der körperlich makellos schöne trojanische Prinz Paris. Hier sehen wir den jungen Paris bei seiner Lieblingsbeschäftigung mit dem Bogen. Paris musste später eine schwierige Entscheidung treffen, vor der selbst Göttervater Zeus zurückschreckte: einer von drei Göttinnen den Schönheitspreis zuzuerkennen... Paris entschied nach Gefühl und löste  nichtsahnend den Trojanischen Krieg aus, in dessen Verlauf er den berühmtesten griechischen Helden mit seinem Bogen tötete.

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Der Schöpfer der Paris-Skulptur ist der in Brandenburg geborene Bildhauer August Wredow (1804-1891). Ihm zu Ehren wurde im Brandenburger Rosenhag die jetzige Kopie aus Mitteln der Emmy-Raschig-Schenkung neu errichtet.


Mutter mit Kind


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Nur wenige Schritte sind es von der Skulptur des Paris am Fuße des Marienberges hinauf bis zum Aussichtsturm, an den Blumenrabatten vorbei bis zum Weinberg mit seinem optischen Telegraphen. Die Bronzegruppe unterhalb des Turmes trägt eigentlich den Titel "Frieden", doch bei dieser Mutter-Kind-Gruppe aus dem Jahr 1963 wird der Schutz des kindlichen Lebens besonders hervorgehoben. Der Bildhauer Karl Mertens (1903-1988) schuf eine energische Mutter, deren Geste keinen Zweifel daran lässt, dass sie ihr Kind vor jeglicher Gefahr zu bewahren weiß. Dieses Thema ist leider immer noch aktuell.

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Maria mit Jesuskind


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Mutter und-Kind-Darstellungen haben in der bildenden Kunst eine lange Tradition - schließlich gehört auch die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm in diese Reihe. Eine sehr schöne Arbeit dazu ist der 1518 angefertigte Hochaltar im Brandenburger Dom, der ursprünglich aus der Klosterkirche Lehnin stammt.

Terrakottafiguren


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Eine absolute Sehenswürdigkeit ist auch die Pfarrkirche St. Katharina und Amalberga in der Neustadt Brandenburg, stellt sie doch einen der Höhepunkte der Backsteingotik dar. Eine Darstellung der Schmuckgiebel über den Seitenkapellen fehlt deshalb in keinem Buch über gotische Baukunst. Ebenso auffällig sind die zahlreichen Terrakotta-Heiligenfiguren, die in mit Wimpergen bekrönten Nischen an der Außenwand der nach innen gezogenen Strebepfeiler angebracht sind. Fast alle Figuren, bis auf Katharina und Amalberga am Chor, sind heute durch Kopien ersetzt.

Zwei Skulpturen vor dem Paulikloster


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Der Gebäudekomplex des ehemaligen Dominikanerklosters St. Pauli hat seine mittelalterliche Gestalt bewahrt und ist nach Wiederaufbau und denkmalgerechter Sanierung seit 2008 Heimstatt des Archäologischen Landesmuseums Brandenburg. Die Architektur des Klosters bildet einen faszinierenden Rahmen (und wird so selbst zum Ausstellungsobjekt) für die Präsentation der interessanten Ausstellungsstücke. Einen Kontrast dazu bilden die beiden Skulpturen vor dem Ostflügel der Klausur.

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Roland, der Ries' am Rathaus

Altstädtisches Rathaus und Roland der Neustadt

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"Die Figur des christlichen Helden Roland wurde durch das Rolandslied, eine anonyme Dichtung des 12. Jhs., als treuer Paladin Karls des Großen populär. Rolandstatuen wurden seit der Zeit Kaiser Karls IV. vor allem in Nordwestdeutschland als Symbole des Königsschutzes über Märkten aufgestellt und symbolisierten die städtischen Freiheiten.
Seit 1402 ist ein Roland in der Neustadt Brandenburg nachweisbar. Die heutige, 5,3 m hohe Sandsteinstatue mit Rüstung und erhobenem Schwert stammt aus dem Jahre 1474 und gehört zu den ältesten erhaltenen Rolandfiguren. Sie stand ursprünglich auf dem Neustädtischen Markt.

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1474 - die halbe 8
ist eine 4!
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Weil sie dort das preußische Militär beim Exerzieren störte, wurde sie 1716 vor das Neustädtische Rathaus versetzt, nach dessen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1946 vor das Altstädtische Rathaus. Renoviert 1556, farbig neugefasst 1709, steinsichtig restauriert 1930. In einer Mulde auf dem Kopf der Figur wächst das sogenannte "Donnerkraut" (Hauswurz), das vor Blitzschlag schützen soll."
kursiver Text: Infotafel am Rathaus

Bild "BRB_Roland_05.jpg"Am Rathaus finden wir auch ein Gedicht zum Roland:


Roland, der Ries' am Rathaus
Der Roland
Hier steh' ich nun schon manches Jahr
Und nehm' mein Amt in Treuen wahr.
Gar viel hab' ich gesehen,
Was um mich her geschehen.

Der Frühling kommt; der Sommer geht;
Schon wild der Herbststurm mich umweht;
Nun stäubt der Schnee vom Dache. -
Ich halte treu die Wache.

Gar mancher, der als Knabe klein
Gespielt um meinen grauen Stein,
Ich sah ihn altern, sterben,
Auch manchen früh verderben.

Sah gut' und böse Zeiten fliehn,
Sah Held und Schalk vorüberziehn,
Sah Lieb und Lust und Freude,
Doch mehr von Not und Leide.

So manch' Jahrzehnt, Jahrhundert geht.
Wer ist, der fest wie ich besteht?
Ich trotze allem Schrecken.
Acht' mich, den alten Recken!

W. Schwill, 1928



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