Elemente, Erdteile und Jahreszeiten im Barockgarten Großsedlitz

Vier Elemente, vier Erdteile (jedenfalls die damals bekannten) und vier Jahreszeiten - solche allegorischen Darstellungen erfreuten sich in barocken Gartenanlagen großer Beliebtheit. Auch in Großsedlitz sind sie vertreten. Insbesondere die Figuren der Erdteile und der Jahreszeiten gehören zu den besten Leistungen der sächsischen Bildhauerkunst des 18. Jahrhunderts. Die Schöpfer dieser Kunstwerke können in vielen Fällen nicht mehr sicher zugeordnet werden. Wahrscheinlich handelt es sich aber um den Kreis der Hofbildhauer Johann Benjamin Thomae (1682-1751) und Johann Christian Kirchner (1691-1732).

Die vier Elemente

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Luft und Erde
Die Besonderheit in Großsedlitz besteht darin, dass zwei entgegengesetzte Elemente in jeweils einer gemeinsamen Figur zusammengefasst werden: Feuer und Wasser sowie Luft und Erde werden hier vereint.
Feuer und Wasser - das steht in der Elementelehre für die Gegensätze rechts - links, heiß/trocken - kalt/feucht, cholerisch - phlegmatisch. Dargestellt werden diese Gegensätze durch eine junge schöne Frauengestalt im dünnen Gewand, das nur wenig von der reivollen Gestalt verhüllt. Ihr zu Füßen liegt ein großer Fisch, in den erhobenen Händen hält sie eine Flamme.
Luft und Erde - diese beiden Elemente stehen für oben und unten, für heiß und feucht sowie kalt und trocken und bei den vier Temperamenten sind sie dem heiteren Sanguiniker und dem versonnenen Melancholiker zugeordnet.
Die junge Frauengestalt mit dem Hündchen zu Füßen blickt denn auch etwas schwermütig, jedoch hält sie spielerisch ihr Gewand wie ein vom Wind geblähtes Segel im erhobenen rechten Arm.

Feuer und Wasser
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Luft und Erde
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Vier Erdteile

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Europa
Abenteuerliche Reisen und fremde Welten üben seit jeher eine große Anziehungskraft auf die Menschen aus. In der Barockzeit erfreute sich die Darstellung exotischer Dinge und Landschaften zunehmender Beliebtheit. Dabei ging man ganz selbstverständlich von einer kulturellen Überlegenheit Europas aus, während Asien als unermesslich reich und Afrika und Amerika von wilden Tieren bevölkert und mehr oder weniger "unzivilisiert" gedacht wurden.

Europa. Mit gekröntem Haupt und kostbarem Gewand steht die Dame Europa hoheitsvoll da, die Verkörperung des Abendlandes. Und alles, was wir mit den heutigen klischeehaften Diskussionen bez. "abendländischer Werte" verknüpfen, ist ihr beigegeben: mehrere Bücher, Zirkel und Winkelmesser, Bischofsmütze und Helm, Kanonenkugeln und Szepter. Weintrauben und einen Schild hält sie zusätzlich in der linken Hand. Damit ist der Rahmen abgesteckt: Kultur und Wissenschaft, christlicher Glaube, Macht und Lebensart charakterisieren nach dieser Vorstellung den Erdteil.

Europa
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Asien. Schon die Kleidung der Frau mutet seltsam fremd an. Auf dem Kopf trägt sie eine Art Turbanhut, ihr kostbares Gewand ist mit Edelsteinen besetzt. In der Hand hält sie seltene Gewürze. Der Putto zu ihren Füßen bewacht offenbar ein Schatzkästchen und lässt Weihrauch aufsteigen.

Asien
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Afrika. Die Afrikanerin ist nur mit einer Perlenkette, Gürtel und einem Tuch bekleidet, als "Helm" dient ein ausgehöhlter Elefantenkopf. Wilde Tiere umgeben sie. Der Löwe zu ihren Füßen scheint zwar friedlich, doch der Schlange in ihrer Hand sollte man lieber nicht näher kommen wollen.

Afrika
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Amerika. Wenig war damals bekannt über das "wilde" Amerika. Und so wird der Erdteil repräsentiert durch eine Indianerin im Federschmuck mit Bogen und Köcher. Zu ihren Füßen sitzt ein Indianerkind (ein Putto) auf einem Krokodil und scheint mit einer Schlange oder Echse zu spielen. Ob der einzelne Kopf am Boden wohl den Überrest einer kannibalischen Mahlzeit darstellt?

Amerika
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Die vier Jahreszeiten

Die jahreszeitlichen Vegetationsperioden lassen sich in einem Garten natürlich besonders gut erfahren. So gehören die allegorischen Darstellungen von Frühling, Sommer, Herbst und Winter zum festen Bestandteil des barocken Bildprogramms.
Frühling. Wie kann die neuentstehende, noch alles verheißende Natur des Frühlings besser charakterisiert werden als durch eine junge, schöne Frau mit Blüten im Haar? Die Darstellung in Großsedlitz bildet hier keine Ausnahme, die jugendliche Frühlingsgöttin hält außerdem einen Blütenkranz in ihrer Hand, ein Putto reicht ihr eine Blumengirlande. Die allegorische Darstellung des Frühlings wird häufig durch die Vegetationsgöttin Flora verkörpert, die uns mit ihrer Liebe zu Zephyr im Barockgarten Großsedlitz bereits in den Figurengruppen der antiken Liebespaare begegnet.
Sommer. Auch diese Jahreszeit wird passenderweise durch eine schöne Frau verkörpert: Es ist wohl Ceres (Demeter), die als Vegetationsgöttin, als Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit mit ihren Attributen Ährenkranz oder -bündel und Sichel verehrt wird. Selbst an ihrem hübschen Strohhut sind Ähren befestigt und der Putto zu ihren Füßen hält gleichfalls ein Ährenbündel im Arm.

Frühling, Sommer, Herbst und Winter
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Herbst. Die Ernte ist eingefahren - Zeit für Freude, für Festmahl und Weingenuss. Dafür gibt es keinen besseren Experten als Gott Bacchus (Dionysos). Der Gott des Weines, der Trauben und der Extase ist ebenfalls ein Vegetations- und Fruchtbarkeitsgott, dessen Darstellung in Verbindung mit der Allegorie des Herbstes besonders häufig anzutreffen ist.
Winter. Frierend zieht sich der alte Mann das Fell über die Schultern und versucht, sich an dem Kohlebecken zu wärmen, das ihm der Putto entgegenbringt. Es ist möglicherweise eine Verkörperung des Gottes Vulkanus (Hephaistos). Der Gott der Schmiedekunst und des Feuers wird oft mit dem Winter in Verbindung gebracht.
Vielleicht haben Sie ja Lust bekommen, den Barockgarten Großsedlitz bei Dresden zu besuchen? Da kann ich nur zuraten ...!
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Weiterführende Literatur und Quellenangaben:
Hartmann, Hans-Günther: Barockgarten Großsedlitz, Edition Leipzig, 2002, ISBN: 978-3-361-00550-1

Der Königliche Lustgarten zu Großsedlitz - Die Skulpturen, Hrsg.: Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen, Barockgarten Großsedlitz 2004, Bearbeitung: Dr. Hartmut Ritschel, ISBN 3-9810066-0-7

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