Extras: Kunstwerke, Figuren und Reliefs in aller Welt: Glasmalerei

Magdeburg, St. Sebastian


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Die St.-Sebastian-Kirche ist eine Station auf der Straße der Romanik und im Stadtbild Magdeburgs nicht zu übersehen: Vom Breiten Weg hat man freien Blick auf Chor, Langhaus und Türme. Und bei der Neubebauung der Westseite des Domplatzes wurde erfreulicherweise auch der Durchblick vom Domplatz auf die Kirche freigehalten. Über die lange Geschichte des Bauwerks informiert eine Tafel an der Kirche:


Informationstafel: Katholische Bischofskirche St. Sebastian
um 1015
Erzbischof Gero (1012-1022) gründet ein Kollegiatsstift, das
den Heiligen Johannes Ev., Fabian und Sebastian geweiht wird.
Von diesem Gründungsbau, in dem Erzbischof Gero 1022 bestattet
wird, ist nichts erhalten.
1169
Bau und Weihe einer kreuzförmigen dreischiffigen Basilika mit
doppeltürmiger Westfronst. Von dieser aus Bruchsteinen aufge-
führten Kirche blieben die Doppelturmanlage und Teile des
Querschiffes mit zeittypischen Baudekor erhalten.
um 1400
Der romanische Chor wird nach Osten verlängert und mit
einem neuen polygonalen Schluss versehen. Zeitgleich wird
die Sakristei auf der Nordseite des Chores errichtet.
um 1489
Die Basilika wird zur Hallenkirche umgebaut und geweiht.
Sie ist heute weitgehend erhalten. Über den Fundamenten
der romanischen Basilika errichtet, integriert der Neubau
die Doppelturmanlage und Teile des alten Querschiffes. Eine
Besonderheit der Hallenkirche liegt in der unterschiedlichen
Gestalt der Langhausstützen.
1663
Nach dem 30jährigen Krieg wird der Chor wiederhergestellt
und eine hölzerne Decke als Gewölbeersatz eingebaut. Die
Westtürme erhalten barocke Hauben. Der zerstörte Kreuzgang
auf der Nordseite wird nicht wieder aufgebaut.
1876
St. Sebastian wird katholische Pfarrkirche. Das Langhaus
wird neu gewölbt und das Westportal in die Turmfront ge-
brochen.
1946
Mit Ausnahme der Turmhauben ist die Kirche als einzige
im Stadtzentrum schon wenige Monate nach Kriegsende wieder
hergestellt. Ab 1949 ist St. Sebastian Katholische Bischofs-
kirche eines Weihbischofs von Paderborn mit Sitz in Magdeburg.
1982-91
Die Kirche wird erneut saniert und mit Ausstattungsstücken
zeitgenössischer Künstler versehen, wie mit der Bronzetür
des Westportals, dem Altar und der Farbverglasung der Chor-
fenster.
1994 St. Sebastian wird zur Kathedrale (Bischofskirche) des wieder-
errichteten Bistums Magdeburg erhoben.
2003
Auf der Nordseite der Kirche werden ein neues Sakristeigebäude
mit einem Kapitelsaal und ein Kreuzgang mit Kapitelfriedhof
angebaut.
bis 2004
Die Kathedrale wird saniert und umgestaltet. Sie erhält einen
neuen Glockenstuhl.
2005 Einweihung der neuen Orgel auf der Westempore.

Von der mittelalterlichen Ausstattung der bedeutenden Stifts-
kirche ist nichts erhalten. Mit der Umwandlung zur katholi-
schen Bischofskirche brachte man hier kostbare Kunstwerke
aus anderen Kirchen zusammen. Dazu gehören die zwei Marien-
altäre und das lebensgroße Kruzifix aus dem 15. Jahrhundert.
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Bild "MD_StSebastian2_02.jpg"Bild "MD_StSebastian2_03.jpg"
Hans-Joachim Mrusek schreibt zu St. Sebastian: "Die wuchtig-geschlossene Doppelturmfassade, das Querhaus und der Grundriss selbst lassen eindeutig die Gestalt einer kreuzförmigen dreischiffigen Basilika, die um 1150 erbaut sein dürfte, erkennen. Die Chorpartie wird aus Chorquadrat, Hauptapsis und zwei Nebenapsiden bestanden haben. Auch in den gotischen Teilen haben sich in Gesamt-, Mittelschiffs und Seitenschiffsbreite (2:1) sowie Langhauslänge die vom Vierungsquadrat bestimmten Maße des sogenannten gebundenen Systems des hochromanischen Vorgängerbaus erhalten. Lediglich der hochgotische Chor ist stark verlängert und auch verbreitert worden. (...)
Diese hochromanische Basilika aus der Mitte des 12. Jahrhunderts war - wie in Sachsen üblich - flach gedeckt. Im Westen legt sich dem Langhaus in voller Breite das mächtige Bruchsteinmassiv der Doppelturmfront vor." (1)

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Obwohl also die ursprünglich romanische Basilika Ende des 15. Jahrhunderts zu einer gotischen Hallenkirche umgebaut, eingewölbt und später noch mehrfach verändert wurde, bleibt hier doch ein besonderes Raumerlebnis erhalten. Nicht zuletzt tragen auch die von Alois Plum (1935-2024) entworfenen und über einen langen Zeitraum (ca. 1985-1995) realisierten phantastischen Buntglasfenster das ihrige bei.

Schauen wir uns die Fenster im Chor etwas näher an!

 
 
Nord II
11 
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9,10
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7,8
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5,6
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3,4
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1,2
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Mitte I
11
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8-10
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5-7
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2-4
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Süd II
11
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9,10
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7,8
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5.6
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3,4
Bild "MD_StSebastian_sII_05.jpg"
1,2
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Das linke Chorfenster (Chor Nord II)
Bild "MD_StSebastian_Chor_nIIa_01.jpg"Dargestellt werden Szenen aus dem Alten Testament. In der Leserichtung von oben nach unten sehen wir:
11, 10, 9: die Schöpfung (die Hand Gottes), Sterne und Mond, Pflanzen und Vögel
8 : die Vertreibung von Adam und Eva, die Schlange am Baum der Erkenntnis, Kain und Abel
Bild "MD_StSebastian_Chor_nIIa_02.jpg"7 : die Arche Noah, die Tiere und Noah mit seinen Söhnen (und Regenbogen)
6 : drei Engel vor Abraham, Abrahams Frau Sara (sie lauscht!)
5 : Jakob ringt mit Gott, Jakob erschleicht den Segen, Jakob träumt von der Himmelsleiter
4 : der brennende Dornbusch
3,2,1 : Moses mit Manna, Moses schlägt Wasser aus dem Felsen, Moses präsentiert die Gesetzestafeln

Das rechte Chorfenster (Chor Süd II)
Bild "MD_StSebastian_Chor_sIIa_01.jpg"Dargestellt werden Szenen aus dem Leben von Jesus Christus. In der Leserichtung von oben nach unten sehen wir:
Bild "MD_StSebastian_Chor_sIIa_02.jpg"11 : Die Verkündigung, der Stern von Bethlehem, die Heimsuchung (Maria besucht Elisabeth)
10 : die Anbetung der Hirten, Jesu Geburt, Jesu Darbringung im Tempel
9 : die heiligen drei Könige, die Flucht nach Ägypten
8 : der bethlehemitische Kindermord, Johannes tauft Jesus im Jordan
7 : Jesu Wundertaten: Heilung eines Blinden, Aufweckung des Lazarus, Heilung eines Lahmen
6, 5: Fußwaschung, Fischfang, Gleichnis vom Sämann, Christus am Brunnen, Schlüsselübergabe an Petrus
4, 3: Christus beruhigt die See, Speisung der Fünftausend
2, 1: Christus geht über das Wasser und rettet Petrus vor dem Ertrinken, Einzug in Jerusalem

Das mittlere Chorfenster (Chor I)
Bild "MD_StSebastian_Chor_Ia_02.jpg"Bild "MD_StSebastian_Chor_Ia_01.jpg"Leserichtung von unten nach oben:
1-3: Das letzte Abendmahl, Christus im Kreis seiner Jünger
4 : Der Engel und die zwei Frauen am Grab Christi
5 : Die Auferstehung (mitte), der ungläubige Thomas, Christus trifft die beiden Jünger in Emmaus
6-8 : Der Baum des Lebens
9-12 : Das Himmlische Jerusalem mit den 12 Toren, das Lamm Gottes und die vier Evangelisten. Von hier geht der Strom des Lebens aus.

Die Offenbarung (Marienfenster), Heilige, kunstvolle Pfeiler und anderes

Bild "MD_StSebastian_Marienfenster_02.jpg"Bild "MD_StSebastian2_05.jpg"
Als die Sebastiankirche im 15. Jahrhundert umgestaltet wurde, sollte wohl mit den verschiedenen Pfeilern im Inneren etwas Besonderes entstehen. Der Magdeburger Stadtbaurat Otto Peters (Amtszeit 1884-1920) berichtete über die Pfeiler und Säulen, welche die Gewölbe der Hallenkirche stützen, folgendes: "Die eigenartige Anordnung dieser Architekturteile weist auf eine bedeutsame Entwicklung der Steinmetzkunst hin, indem in kunstvollster Weise die Schäfte theils von rundem, theils vier-, theils achteckigem Grundriss reich und überall verschiedenartig gegliedert sind, mit ausgehöhlten Seitenflächen und mit vor den Ecken liegenden profilierten, meist schnurartig gewundenen Stäben, die senkrecht, sogar in schraubenförmigen Windungen bis zum Bogenkämpfer hinaufsteigen. (...)
Bild "MD_StSebastian_Marienfenster_03.jpg"Bild "MD_StSebastian3_01.jpg"
Die Häufung von Schwierigkeiten der technischen Ausführung (macht) den Eindruck, als ob der Steinmetz oder Baukünstler hätte zeigen wollen, wie spielend er mit ihrer Lösung umzugehen verstände." (nach /2/)
Ebenso virtuos und mit spielerischem Können ging der Glaskünstler Alois Plum mit den gotischen Fenstern der Kirche um. Die Fenster sind teilweise 12 m hoch und ca. 2,5 m breit. Alois Plum hat in ihnen die traditionellen Bilder der Heilsbotschaften mit kräftigen und reich differenzierten Farbtönen in rot, blau, grün, gelb und braun kontinuierlich und modern umgesetzt. Auch das Marienfenster an der Ostseite des südlichen Seitenschiffes macht da keine Ausnahme: Das kompositorisch und farblich zweigeteilte Fenster nimmt Bezug auf die "Offenbarung des Johannes" am Ende der Zeiten. In der oberen Hälfte sehen wir eine alles überstrahlende Madonna im Sternenmantel, umgeben von vier Wesen (Engeln). Die untere Hälfte dagegen wird (noch) beherrscht vom Chaos - doch alles stürzt in sich zusammen und das Böse mit seiner dämonischen Fratze wird endgültig besiegt werden...
In anderen Fenstern werden fromme Männer und Frauen der Kirche vorgestellt. Hier eine Auswahl:

Heilige, fromme Kirchenmänner und -frauen
Bild "MD_StSebastian3_02.jpg"Bild "MD_StSebastian3_03.jpg"Bild "MD_StSebastian3_04.jpg"Bild "MD_StSebastian3_05.jpg"
V.l.n.r.: Sebastian, Norbert, Mauritius; Mathilde, Adelheid, Gertrud von Helfta; Brun von Querfurt,
Kaiser Heinrich II, Ekkehard von der Huysburg; Bischof Burchardt, Adalbert, Liborius


Das "Zeitfenster" im Kreuzgang

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Im Kreuzgang der Kirche St. Sebastian wurde 2008 ein liegendes "Zeitfenster" eingebaut. Man kann daran entlangschreiten und die Geschichte der Personen des Magdeburger Domkapitels (Bischöfe, Administratoren, Kommissare u.a.) erleben. Das Fenster wurde von Maren-Magdalena Sorger gestaltet.



Bild "MD_StSebast_zeitfenster_02.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_03.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_04.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_05.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_06.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_07.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_08.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_09.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_10.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_11.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_12.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_13.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_14.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_15.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_16.jpg"Bild "MD_StSebast_zeitfenster_17.jpg"

Die Gestaltung des Zeitfensters "möchte einerseits an die Architektur der Kirche anknüpfen und zugleich den Impuls der Gotik als persönlich sich ausstreckende geistliche Sehnsucht des Glaubenden bzw. Suchenden (...) aufgreifen. (...) Die fassbare Geschichte kann als Zeitlinie der Bischöfe bzw. Personen, die geistliche Vollmacht in Magdeburg hatten, im Längsbereich des Kreuzgangs über 16 Felder (...) nach verfolgt werden" (Flyer zum Fenster, hrsg. vom Domkapitel an St. Sebastian)

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Quellen u. Literatur
1) H.-J. Mrusek, Magdeburg, Seemann Verlag Leipzig, 1966
2) H.-J. Krenzke, Kirchen und Klöster zu Magdeburg, Hrsg. Stadtplanungsamt Magdeburg, Bd. 71/2000

Neu erschienen:
S. Ullrich, C. Heller, D. Pöschel, Malerei mit Licht und Glas, Baugebundene Glaskunst in und aus Magdeburg, Hrsg. Landeshauptstadt Magdeburg, Stadtplanungsamt; Dt. Kunstverlag 2024

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nach Magdeburg-Ottersleben zur Maria-Hilf-Kirche