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Extras: Kunstwerke, Figuren und Reliefs in aller Welt: Glasmalerei
Mittelalterliche Glasfenster im Dom zu Stendal - Teil 1
Die Glasmalereien im Dom St. Nikolaus zu Stendal stellen einen unglaublichen Schatz dar. Im Festjahr 2024 gab es unter dem Titel:
Kathedrale des Lichts - 600 Jahre gotischer Dom Stendal
eine Vielzahl von Veranstaltungen mit Festgottesdiensten, Vorträgen, Ausstellungen und neuen Publikationen, die das einzigartige Kurlturerbe der Stendaler Glasmalereifenster überregional ins Bewusstsein brachten. Die folgenden Seiten sollen einen kleinen Beitrag dafür leisten und die Freude am Entdecken dieses Schatzkästleins befördern. Gehen wir hinein!
Mehrere Aufsteller im Innern erleichtern uns den Zugang zu diesem Schatz aus Glas. Der folgende Text ist einem solchen Aufsteller entnommen.
Fenster im Chor
"Gleichzeitig mit dem Bau des gotischen Domes begannen Künstler und Kunsthandwerker mit der Herstellung eines Glasmalereizyklus für die Fenster im Hohen Chor. Für den Inhalt und die Anordnung der zwölf Chorfenster lag den Glaskünstlern ein theologisch wohl durchdachtes Bildprogramm vor. Man darf vermuten, dass Domstiftsdechant Dietrich von Angern dafür verantwortlich war. Dieses ursprüngliche Bildprogramm lässt sich auch heute - trotz mancher Verluste und unsachgemäßer Eingriffe im Laufe der Jahrhunderte - noch gut erkennen und nachvollziehen. Im Zentrum des christlichen Glaubens stehen Leben, Sterben und Auferstehung Jesu Christi. Deshalb hat das Christusfenster in der Mitte, im Chorscheitel, seinen Platz bekommen.
Zu seiner Linken und Rechten folgten ursprünglich vermutlich nur Fenster mit Personen aus dem Neuen Testament sowie Heilige. An ihnen wird sichtbar, wie ein Leben in der Nachfolge Christi aussehen kann. Da der Hohe Chor auf Grund des Lettners den Blicken der Laien weitgehend entzogen war, darf man vermuten, dass die Fenster insbesondere für die zum Gebet versammelten Geistlichen als Hilfe zur Meditation dienen sollten."
Zu seiner Linken und Rechten folgten ursprünglich vermutlich nur Fenster mit Personen aus dem Neuen Testament sowie Heilige. An ihnen wird sichtbar, wie ein Leben in der Nachfolge Christi aussehen kann. Da der Hohe Chor auf Grund des Lettners den Blicken der Laien weitgehend entzogen war, darf man vermuten, dass die Fenster insbesondere für die zum Gebet versammelten Geistlichen als Hilfe zur Meditation dienen sollten."
"Auf den 22 Glasmalereifenster zeigen sechs Fenster wichtige Themen aus dem Leben Christi. Auf acht Fenstern sind Szenen mit ausgewählten Personen aus biblischen Texten zu sehen.
Anordnung der Chorfenster
Weitere acht Fenster vermitteln Schicksale von solchen Frauen und Männern, die durch ihre Standhaftigkeit während der Christenverfolgungen in den ersten drei Jahrhunderten Vorbilder waren und deshalb als Heilige verehrt wurden. Literarische Grundlage für die jeweiligen Bildszenen sind Texte aus dem Neuen Testament sowie aus den überlieferten Legenden, die über das Leben der Heiligen erzählt wurden."
(Text (kursiv) dem Aufsteller entnommen, Autor: Dr. Reinhard Creutzburg)
Schauen wir uns zuerst die Christusfenster an, deren Bilder aus dem Leben Christi erzählen. Diese sind allerdings nicht chronologisch in einer Reihe angeordnet sondern in Schiff, Querhaus und Chor verteilt. Die Nummerierung der Fenster folgt einem einfachen Schema: Das zentrale Fenster im Chorscheitel (im Osten) bekommt die (röm.) Ziffer I, von ihm aus gesehen werden die Fenster rechts über Süd in Richtung Westen fortlaufend gezählt mit s-II, s-III usw., links über Nord nach Westen wird vom zentralen Fenster I neu angefangen mit n-II, n-III usw. Gelesen werden die Fenster meist von unten nach oben.
Die Christusfenster im Dom zu Stendal
Verkündigung
Die Erzählung beginnt im südlichen Querhaus mit dem sogenannten "Adventsfenster" (s-VII), das die Verkündigung und die Heimsuchung zum Inhalt hat. Fortgesetzt wird die Geschichte im "Weihnachtsfenster" (s-VIII) mit den Szenen Anbetung der Hirten und Anbetung der Könige, um dann im Chor mit dem "Christusfenster" (I) die wichtigsten Ereignisse in Jerusalem (Einzug, Abendmahl, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt) zu zeigen. Das "Passionsfenster" mit der Beweinung und Grablegung Christi finden wir im nördlichen Querhaus (n-X). Vervollständigt wird die Erzählung mit dem sogenannten "Credofenster" (n-VI), wo wir z. B. sehen, wie Christus Adam und Eva aus der Vorhölle holt und mit dem sogenannten "typologischen Fenster" (s-V), bei dem Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament miteinander verknüpft werden.
1. Das Adventsfenster (s-VII)
2. Das Weihnachtsfenster (s-VIII)
3. Das Christusfenster (I)
Es ist das wichtigste Fenster im Hohen Chor, denn es enthält die zentralen Themen der Heilsgeschichte: Christi Opfertod am Kreuz, Auferstehung, Himmelfahrt und letztlich Erlösung. Das Bild der Kreuzigung im Zentrum wirkt weit in das Kirchenschiff hinein. Man kann sich gut vorstellen, dass dieses Fenster in der Chorwerkstatt nach 1425 als erstes geschaffen und eingesetzt wurde. Leider sind von den fünf Szenen der Passionsgeschichte nur die Kreuzigung und in den oberen Bildern ein Teil der Architekturdarstellungen noch mittelalterlich, alle anderen Bildfelder sind Neuschöpfungen von 1887/88, der Einzug in Jerusalem ist wahrscheinlich noch später (zwischen 1905 und 1915) ergänzt worden.
4. Das Passionsfenster (n-X)
Das Passionsfenster im nördlichen Querschiff ist mit den Abmessungen 3,30 m x 13,50 m das größte Fenster im Stendaler Dom. Es wird auch Abendfenster genannt, da es einmal im Sommer von der untergehenden Abendsonne beleuchtet wird und auch Ereignisse darstellt, die am Abend stattgefunden haben sollen. In drei großen Bildern wird die Passion fortgesetzt und es wird von der Beweinung Christi nach der Kreuzabnahme, von seiner Grablegung und von seiner Auferstehung erzählt. Dass sich die Themen mit denen anderer Fenstern überschneiden oder wiederholen, ist durchaus beabsichtigt.
Das Fenster, das seinen Standort schon immer im Querhaus hat, entstand in den 1480er Jahren, es ist somit das jüngste der mittelalterlichen Glasfenster. Allerdings ist auch hier vieles ergänzt oder neu geordnet worden, doch 14 Scheiben sind vom mittelalterlichen Bestand noch original erhalten.
Das Fenster, das seinen Standort schon immer im Querhaus hat, entstand in den 1480er Jahren, es ist somit das jüngste der mittelalterlichen Glasfenster. Allerdings ist auch hier vieles ergänzt oder neu geordnet worden, doch 14 Scheiben sind vom mittelalterlichen Bestand noch original erhalten.
*) Fünf Männer (links) - darunter Joseph von Arimathea, Nikodemus und Johannes (mit Heiligenschein) sowie drei Frauen (rechts, alle mit Heiligenschein - Maria, Maria Magdalena und Maria Kleophas (Mutter von Jakobus d. J.)
5. Das Credo-Fenster (n-VI)
Das Fenster zeigt in fünf großen Medaillons Szenen, die dem christlichen Glaubensbekenntnis (Credo) entsprechen. In den Zwickeln befinden sich die Gestalten der Propheten, darunter oben die sogenannten "großen Propheten" Ezechiel, Jeremia, Daniel und Jesaja. Alle Propheten halten Schriftbänder in den Händen.
In diesem Fenster sind 28 Felder original aus dem Mittelalter erhalten.
In diesem Fenster sind 28 Felder original aus dem Mittelalter erhalten.
6. Das typologische Fenster (s-V)
Das Fenster stellt (außer dem obersten Bild) jeweils in den zwei äußeren Bildstreifen (a und c) Szenen aus dem Alten Testament typologisch einer Szene aus dem Neuen Testament im mittleren Bildstreifen (b) gegenüber. Damit soll gezeigt werden, wie die Präfigurationen (Vorausdeutungen) des Alten Testaments in der Passion Christi als Verheißung und Erfüllung, als Typos und Antitypos, einander entsprechen. Solche Deutungsversuche waren im Mittelalter übliche Praxis. Ähnliche Gegenüberstellungen gibt es auch manchmal in anderen Kirchen zu sehen, doch einige der hier zu findenden sind selten und nicht alles passt nahtlos.
Zwar sind etliche Scheiben des Fensters ergänzt und bei der großen Restaurierung 1896/98 neu zusammengesetzt worden, doch ein großer Teil des alten Bestandes ist erhalten. Beim Wiedereinsetzen im Jahr 1960 (alle Fenster waren infolge des 2. Weltkriegs ausgebaut worden) gab es dann noch einmal leichte Veränderungen.
Zwar sind etliche Scheiben des Fensters ergänzt und bei der großen Restaurierung 1896/98 neu zusammengesetzt worden, doch ein großer Teil des alten Bestandes ist erhalten. Beim Wiedereinsetzen im Jahr 1960 (alle Fenster waren infolge des 2. Weltkriegs ausgebaut worden) gab es dann noch einmal leichte Veränderungen.
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Quellen und weiterführende Literatur:
Hannelore Sachs, Stendal, Kunstgeschichtliche Städtebücher, VEB Seemann Verlag, Leipzig, 1967
Karl-Joachim Maerker, Die mittelalterlichen Glasgemälde des Stendaler Domes, Fragen ihrer Erhaltung und Erforschung, in: Denkmale in Sachsen-Anhalt, Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1983
Hannelore Sachs, Der Dom zu Stendal, Das Christliche Denkmal Heft 57, hrsg. von Fritz Löffler, Union-Verlag Berlin, 1985
Karl-Joachim Maercker, Die mittelalterliche Glasmalerei im Stendaler Dom, CVMA (Corpus vitrearum medii aevi), Bd.5, Teil 1, Akademie Verlag Berlin, 1988
Stendal, Dom St. Nikolaus, Ein Führer durch das Bauwerk und seine Ausstattung, Hrsg.: Ev. Stadtgemeinde Stendal, 2002
Martina Sünder-Gaß, Friedrich Carl Eichenberg, Peter Tschammer, Die Glasmalereifenster im Dom St. Nikolaus zu Stendal, Hrsg. Förderkreis Dom St. Nikolaus zu Stendal e. V. und Ev. Stadtgemeinde Stendal, 2004
Rainhard Creutzburg, Markus Schütte, Peter Rogge, Schatz aus Glas - Die Glasmalereifenster im Dom St. Nikolaus zu Stendal, Hrsg. Ev. Stadtgemeinde Stendal, 2024
Aufsteller im Dom zum Festjahr 2024
Hannelore Sachs, Stendal, Kunstgeschichtliche Städtebücher, VEB Seemann Verlag, Leipzig, 1967
Karl-Joachim Maerker, Die mittelalterlichen Glasgemälde des Stendaler Domes, Fragen ihrer Erhaltung und Erforschung, in: Denkmale in Sachsen-Anhalt, Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1983
Hannelore Sachs, Der Dom zu Stendal, Das Christliche Denkmal Heft 57, hrsg. von Fritz Löffler, Union-Verlag Berlin, 1985
Karl-Joachim Maercker, Die mittelalterliche Glasmalerei im Stendaler Dom, CVMA (Corpus vitrearum medii aevi), Bd.5, Teil 1, Akademie Verlag Berlin, 1988
Stendal, Dom St. Nikolaus, Ein Führer durch das Bauwerk und seine Ausstattung, Hrsg.: Ev. Stadtgemeinde Stendal, 2002
Martina Sünder-Gaß, Friedrich Carl Eichenberg, Peter Tschammer, Die Glasmalereifenster im Dom St. Nikolaus zu Stendal, Hrsg. Förderkreis Dom St. Nikolaus zu Stendal e. V. und Ev. Stadtgemeinde Stendal, 2004
Rainhard Creutzburg, Markus Schütte, Peter Rogge, Schatz aus Glas - Die Glasmalereifenster im Dom St. Nikolaus zu Stendal, Hrsg. Ev. Stadtgemeinde Stendal, 2024
Aufsteller im Dom zum Festjahr 2024
Glasmalerei im Stendaler Dom - Teil 2