Hintergrundfarbe:
Skulptur und Plastik in Magdeburg - Im Skulpturenpark, Teil 2
Große Neeberger Figur
Die Große Neeberger Figur wurde von Wieland Förster (geb. 1930) geschaffen. Sie enstand in den Jahren 1971 bis 1974 und gilt als eine der bedeutendsten bildhauerischen Arbeiten der DDR. Die Figur besteht aus Bronze und ist 3,20 Meter groß.
Lesen Sie unten, was Heiner Protzmann, langjähriger Direktor der Dresdner Skulpturensammlung, über dieses Werk schreibt.
Figur tut weh *)
*) so der Titel eine Ausstellung 2015 in Bremen mit Werken von Wieland Förster.
An der Großen Neeberger Figur kommt man nicht vorbei, Förster verweigert Realismus-Dogmen, seine Neeberger Figur ist verstörend, kraftstrotzend, irritierend. Voller Spannung, sinnlich, erotisch und sehr verletzlich. Zieht sie ihr Hemd aus? Ist sie darin gefangen? Es bleibt ein Geheimnis. Man muss sich der Figur aus verschiedenen Perspektiven nähern.
Großer Schreitender Mann
"Die dem irdischen Dasein als Trennfigur zugewandte Statue für den ... Friedhof ..., die mit gesenkt quergehaltenen Händen die Totenwelt nach rückwärts abdämmt, hat in ihrer unbeschönigten, massigen Physiologie und plebejischen Antikenverachtung einen Zug von bedrängend distanzloser Schrecklichkeit. ...
Claude Keisch hat das Sichnähern dieses Mannes fernem Donnerrollen verglichen ... Euphemistisches Gerede über den Tod (wird) in dieser Statue offenkundig verachtet ... Was soll man vor soviel ungeschönt individueller, ungeschlacht massiger Wirklichkeit, kaum definierbar, wie das ungeordnete, schonungslos Direkte überhaupt, eigentlich analysieren. ... Das paradox bodenverwurzelte Schreiten, seine unentspannte, mechanische Starre. Das frontale Absolutum „Wand“ dieser Figur mit den quergestellten Händen: Wand zwischen den Welten. ... Der dem Zug des Schrittes folgend unaufhaltsam vorgestreckte Kopf und das undurchdringliche, wie von ferne kommende Gesicht, Ernst, den im Profil ein kryptisches, abwesend abgründiges Lächeln anzufliegen scheint – wissend. Wir wissen nichts."
Claude Keisch hat das Sichnähern dieses Mannes fernem Donnerrollen verglichen ... Euphemistisches Gerede über den Tod (wird) in dieser Statue offenkundig verachtet ... Was soll man vor soviel ungeschönt individueller, ungeschlacht massiger Wirklichkeit, kaum definierbar, wie das ungeordnete, schonungslos Direkte überhaupt, eigentlich analysieren. ... Das paradox bodenverwurzelte Schreiten, seine unentspannte, mechanische Starre. Das frontale Absolutum „Wand“ dieser Figur mit den quergestellten Händen: Wand zwischen den Welten. ... Der dem Zug des Schrittes folgend unaufhaltsam vorgestreckte Kopf und das undurchdringliche, wie von ferne kommende Gesicht, Ernst, den im Profil ein kryptisches, abwesend abgründiges Lächeln anzufliegen scheint – wissend. Wir wissen nichts."
Zitiert nach: Heiner Protzmann, Prismatische Splitter,
Verlag albis international, Dresden Usti 2008, S. 174 f.
Verlag albis international, Dresden Usti 2008, S. 174 f.
Das Jahr '65
Von Jenny Mucchi-Wiegmann (1895-1969) stammt die Bronzeskulptur "Das Jahr '65". Als die Künstlerin mit dem Studium der Bildhauerei begann, war diese Kunstgattung noch eine reine Männerdomäne. Jenny Mucchi-Wiegmann lebte und arbeitete in Berlin. Sie war mit dem Maler, Architekten und Designer Gabriele Mucchi verheiratet. Viele ihrer Werke befinden sich in Berlin.
Das Jahr '65
von Jenny
Mucchi-
Wiegmann
| |
Für die Darstellung wird das Javascript "Slideshow"
von Andreas Berger verwendet. |
Werra und Saale
Werner Stötzer (1931-2010) schuf 1986 die Gruppe "Werra und Saale". Der Bildhauer, in Thüringens Wäldern aufgewachsen, erinnert sich: "Ich aber, das Kind, sah dazwischen immer die Flüsse, ihnen galt meine Aufmerksamkeit, sie verliefen zuerst, aus dem Gebirge kommend, schlängelnd, und sie verschwanden im Dunst der Ebenen fast geradlinig. Meine Phantasie malte Schiffe dazu, die nach langer Fahrt zum Meer finden würden. Später, so beschloss ich damals, würde ich ein solches Schiff finden, ich würde darauf fahren und ich würde das Meer, meinen Traum, sehen." (Quelle: http://www.ravensburg.de/kinder/meine-stadt/kunst-stoetzer.php)
Die beiden Flüsse gehörten in den 80er Jahren mit zu den am stärksten durch Industrieabwässer belasteten und verschmutzten Flüssen in Europa. Das hat sich inzwischen geändert, doch ist die Werra durch salzige Abwässer der Kaliindustrie immer noch beeinträchtigt.
Große Stehende
Bei der "Großen Stehenden" im Skulpturenpark Magdeburg schuf der Bildhauer Wieland Förster 1964/66 eine vollkommen in sich ruhende weibliche Figur. Interessant ist der Vergleich zu seiner Bronzeplastik einer -->"Großen Stehenden auf einem Bein" in Dresden.
Huh, ist das kalt hier... Zum Glück hat mir jemand seinen Mantel geborgt und Holz zum Heizen zu Füßen gelegt. |
Euergetes II
Die Figur des Euergetes wurde 1980 von Bernd Göbel geschaffen. Eurgetes ist eigentlich ein antiker Namenszusatz, eine Art Ehrenbezeichnung, die "Wohltäter" bedeutet.
Johann-Peter Hinz: Liegende
Die "Liegende" von Johann-Peter Hinz (1941-2007) wurde 1987 aus Gusseisen und Cortenstahl geschaffen. Die nebenstehende Tafel klärt auf: "Nur wenige Erhebungen der "Liegenden" machen die schmale Figur als menschliches Wesen kenntlich: Brust und Rippenbogen erheben sich, der Bauch ist eingesunken. Sie ist auf einem T-förmigen Kreuz aufgebahrt. Sie schwebt. Verweist sie auf Christus? Steht sie am Übergang zwischen Leben und Tod? Die Figur kann auch als Sinnbild für Widerständigkeit einer integren, sozial engagierten und sich zum Glauben bekennenden Person in der DDR verstanden werden, wie Johann-Peter Hinz es war."
Textquelle: Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen, Infotafel
Johann-Peter Hinz: Vogel, 1986
Auch hier erfährt man auf der nebenstehenden Tafel Näheres: Eisenfundstücke, u. a. Teile einer Fliegerbombe"Aus Bombensplittern, die Johann-Peter Hinz bei Halberstadt findet, entsteht ein "Vogel". 1945 fielen angloamerikanische Bomben vom Himmel, um Zerstörung auszurichten. Nun schafft die Hand des Künstlers daraus etwas dem Leben Zugewandtes, das sich über die Funktion der Sprengkörper erhebt, sie ins Gegenteil verkehrt. In den letzten Kriegstagen wurde wie Halberstadt auch Magdeburg nahezu vollständig durch Fliegerbomben vernichtet. Der "Vogel" steht hier auf Resten kriegszerttümmerter Wohnhäuser - ein ausdrucksstarkes Zeichen für Hinz' stetes Streben und Einsatz gegen Gewalt."
Textquelle: Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen, Infotafel
zum Skulpturenpark - Teil 3