Skulptur und Plastik in Magdeburg - Im Skulpturenpark, Teil 2


Große Neeberger Figur

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Die Große Neeberger Figur wurde von Wieland Förster (geb. 1930) geschaffen. Sie enstand in den Jahren 1971 bis 1974 und gilt als eine der bedeutendsten bildhauerischen Arbeiten der DDR. Die Figur besteht aus Bronze und ist 3,20 Meter groß.

Lesen Sie unten, was Heiner Protzmann, langjähriger Direktor der Dresdner Skulpturensammlung, über dieses Werk schreibt.

Wieland Förster: Große Neeberger Figur
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Figur tut weh *)

 
"... Diese Statue, agressiv, knochig, ja knorrig ins
Abstrakte tendierend und bizarr wie sie ist, (tritt)
kosmetische Schönheitsvorstellungen in den Staub ...
Entsprechend waren damals die Reaktionen, meine
eigene, unausgesprochen, dem ablehnenden Verdikt zu.
gesellt. Nun ja, ich sah die Bronzestatue zuerst am Fuß
des Berliner Fernsehturms vor dessen Beton; eine blö-
dere maßstablose Konkurrenz zu dieser immerhin metrisch
durchkalkulierten, in figürlich-tektonischen Etagen
gebauten, 'absoluten' Vertikale kann es nicht geben.

Immerhin: der 'realistischen' Bildhauerei zu DDR-Zeiten
war damit Extremes - Wohlgesonnene mögen gedacht
haben 'Begriffserweiterndes' - zugemutet. Sie vollzog in
der Vertikale, was drei Jahre vor ihr die Große Badende in
der Horizontale, des Schwimmens nämlich, unternommen
hatte: ein figuratives Zeichen für eindeutig dimensioniertes
Durchschießen des Raums. Jene hatte das noch in leidlich
'realistischen' Formen getan. Der überaus harte, recht-
winklige Umschlag der aus der Kontraktion ins Weite
abschnellenden Bewegung der Hüfte war indes schon bei
der Badenden so 'unnatürlich' - sprich: abstrakt, dass
dem Schreiber dieser Zeilen die Ankaufsabsicht auf die
im Albertinum zuerst ausgestellte Figur von seinen
Kollegen eben wegen dieses anatomischen Verstoßes aus-
geredet wurde. Aber nicht viel später folgte die viel
schlimmere Neeberger Figur.

Das nun sollte wieder eine Genrefigur, Hemdüberstreifende
am Strand sein? Abermals ein 'arkadisches', weiblich
biopositives Symbol? Ach richtig, das Motiv, das erinnerte
mit einer gewissen List an eine Genrefigur - doch nur,
um den Abstand zu vergrößern. Die Idee kam Förster in
den Sanddünen, wo sie später fotografiert wurde. Stehen
müsste sie da allerdings. Man sieht zu diesem ungehemm-
ten Aufstieg den weiten Horizont geradezu komplementär. ...

Sie wird immer als Zentrum des Försterschen Oevres
gewertet. Dabei nimmt sie stilistisch eine Sonder-
stellung ein. Fleischesbehagen oder Martyrium -
überhaupt kreatürliche Stellungnahme der Leiblichkeit -
das alles ist in weite Ferne gerückt, aus der es gleichwohl
winkt mit diesen blütenhaft sich halb öffnenden Händen.
Im Profil biegt sie sich elastisch durch. In der Frontalen
sind alle achsialsymmetrischen Markierungspunkte der
Bildebene strikt parallel, von gleicher Tiefe, Relief,
wie eine gebaute Wand. Die Neigung der Arm-Masten aus
der Vertikalen, das schöne Spiel der Hände, der 'Wolkenzug'
des Gewandes - es sind kleine Entspannungen des asketi-
schen Ernstes dieser Riesin, die kein Gramm Fett auf dem
Leibhat und sonst keinerlei ponderierte Kräfteverteilung,
eben keinerlei Entspannung zeigt. Ihre Beine sind knorrig
wie Äste. Die Verformung ... ist hier ein Herausrücken
aus dem Erwarteten. Auch das Muskelspiel hat, wie die
Darmbeinstachel, die Knie, die Säulen der durchgedrückten
Beine, die in den Boden gekrallten hässlichen Füße, wie
sogar die völlig symmetrischen Brustkugeln, etwas
skeletthaft Endgültiges, hat auch ein architektonisch
geordnetes Einfürallemal. Man vergisst völlig, dass
das Gesicht gleich über dem Hemd auftauchen muss.
Im Gegenteil schlägt alles dem 'Genre' ins Gesicht.
Das abstrakt Zeichenhafte ist denn auch die Essenz
der Interpretationen. ... Vergessen wir nicht, dass
der unaufgehende Rest des Rätsels ein Merkmal der
Kunst ist. Die Figur - sonnenklar und enigmatisch,
ihre gehämmerte Dichte gehört ... zum Thema Labyrinth,
das uns bei Förster erwartet."
Heiner Protzmann, "Prismatische Splitter"
Verlag albis international, Dresden Usti 2008, S. 117 f.

*) so der Titel eine Ausstellung 2015 in Bremen mit Werken von Wieland Förster.

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An der Großen Neeberger Figur kommt man nicht vorbei, Förster verweigert Realismus-Dogmen, seine Neeberger Figur ist verstörend, kraftstrotzend, irritierend. Voller Spannung, sinnlich, erotisch und sehr verletzlich. Zieht sie ihr Hemd aus? Ist sie darin gefangen? Es bleibt ein Geheimnis. Man muss sich der Figur aus verschiedenen Perspektiven nähern.

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Großer Schreitender Mann

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"Die dem irdischen Dasein als Trennfigur zugewandte Statue für den ... Friedhof ..., die mit gesenkt quergehaltenen Händen die Totenwelt nach rückwärts abdämmt, hat in ihrer unbeschönigten, massigen Physiologie und plebejischen Antikenverachtung einen Zug von bedrängend distanzloser Schrecklichkeit. ...
Claude Keisch hat das Sichnähern dieses Mannes fernem Donnerrollen verglichen ... Euphemistisches Gerede über den Tod (wird) in dieser Statue offenkundig verachtet ... Was soll man vor soviel ungeschönt individueller, ungeschlacht massiger Wirklichkeit, kaum definierbar, wie das ungeordnete, schonungslos Direkte überhaupt, eigentlich analysieren. ... Das paradox bodenverwurzelte Schreiten, seine unentspannte, mechanische Starre. Das frontale Absolutum „Wand“ dieser Figur mit den quergestellten Händen: Wand zwischen den Welten. ... Der dem Zug des Schrittes folgend unaufhaltsam vorgestreckte Kopf und das undurchdringliche, wie von ferne kommende Gesicht, Ernst, den im Profil ein kryptisches, abwesend abgründiges Lächeln anzufliegen scheint – wissend.  Wir wissen nichts."
Zitiert nach: Heiner Protzmann, Prismatische Splitter,
Verlag albis international, Dresden Usti 2008, S. 174 f.

Wieland Förster, Großer Schreitender Mann, 1968/69
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Das Jahr '65

Von Jenny Mucchi-Wiegmann (1895-1969) stammt die Bronzeskulptur "Das Jahr '65". Als die Künstlerin mit dem Studium der Bildhauerei begann, war diese Kunstgattung noch eine reine Männerdomäne. Jenny Mucchi-Wiegmann lebte und arbeitete in Berlin. Sie war mit dem Maler, Architekten und Designer Gabriele Mucchi verheiratet. Viele ihrer Werke befinden sich in Berlin.

Jenny Mucchi-Wiegmann: Das Jahr '65
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Das Jahr '65
von Jenny
Mucchi-
Wiegmann
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Werra und Saale

Werner Stötzer (1931-2010)  schuf 1986 die Gruppe "Werra und Saale". Der Bildhauer, in Thüringens Wäldern aufgewachsen, erinnert sich: "Ich aber, das Kind, sah dazwischen immer die Flüsse, ihnen galt meine Aufmerksamkeit, sie verliefen zuerst, aus dem Gebirge kommend, schlängelnd, und sie verschwanden im Dunst der Ebenen fast geradlinig. Meine Phantasie malte Schiffe dazu, die nach langer Fahrt zum Meer finden würden. Später, so beschloss ich damals, würde ich ein solches Schiff finden, ich würde darauf fahren und ich würde das Meer, meinen Traum, sehen." (Quelle: http://www.ravensburg.de/kinder/meine-stadt/kunst-stoetzer.php)

Werner Stötzer: Werra und Saale
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Die beiden Flüsse gehörten in den 80er Jahren mit zu den am stärksten durch Industrieabwässer belasteten und verschmutzten Flüssen in Europa. Das hat sich inzwischen geändert, doch ist die Werra durch salzige Abwässer der Kaliindustrie immer noch beeinträchtigt.
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Große Stehende

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Bei der "Großen Stehenden" im Skulpturenpark Magdeburg schuf der Bildhauer Wieland Förster 1964/66 eine vollkommen in sich ruhende weibliche Figur. Interessant ist der Vergleich zu seiner Bronzeplastik einer -->"Großen Stehenden auf einem Bein" in Dresden.

Wieland Förster: Große Stehende
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Bild "MD_GrStehende2_01.jpg"     Bild "MD_GrStehende2_02.jpg" Huh,
ist das kalt hier...
Zum Glück
hat mir jemand
seinen Mantel
geborgt
und Holz zum Heizen
zu Füßen gelegt.

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Euergetes II

Die Figur des Euergetes wurde 1980 von Bernd Göbel geschaffen. Eurgetes ist eigentlich ein antiker Namenszusatz, eine Art Ehrenbezeichnung, die "Wohltäter" bedeutet.

Bernd Göbel: Euergetes II
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Johann-Peter Hinz: Liegende

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Die "Liegende" von Johann-Peter Hinz (1941-2007) wurde 1987 aus Gusseisen und Cortenstahl geschaffen. Die nebenstehende Tafel klärt auf: "Nur wenige Erhebungen der "Liegenden" machen die schmale Figur als menschliches Wesen kenntlich: Brust und Rippenbogen erheben sich, der Bauch ist eingesunken. Sie ist auf einem T-förmigen Kreuz aufgebahrt. Sie schwebt. Verweist sie auf Christus? Steht sie am Übergang zwischen Leben und Tod? Die Figur kann auch als Sinnbild für Widerständigkeit einer integren, sozial engagierten und sich zum Glauben bekennenden Person in der DDR verstanden werden, wie Johann-Peter Hinz es war."
Textquelle: Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen, Infotafel

Johann-Peter Hinz: Liegende
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Johann-Peter Hinz: Vogel, 1986

Auch hier erfährt man auf der nebenstehenden Tafel Näheres: Eisenfundstücke, u. a. Teile einer Fliegerbombe
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"Aus Bombensplittern, die Johann-Peter Hinz bei Halberstadt findet, entsteht ein "Vogel". 1945 fielen angloamerikanische Bomben vom Himmel, um Zerstörung auszurichten. Nun schafft die Hand des Künstlers daraus etwas dem Leben Zugewandtes, das sich über die Funktion der Sprengkörper erhebt, sie ins Gegenteil verkehrt. In den letzten Kriegstagen wurde wie Halberstadt auch Magdeburg nahezu vollständig durch Fliegerbomben vernichtet. Der "Vogel" steht hier auf Resten kriegszerttümmerter Wohnhäuser - ein ausdrucksstarkes Zeichen für Hinz' stetes Streben und Einsatz gegen Gewalt."
Textquelle: Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen, Infotafel

Johann-Peter Hinz: Vogel
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