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Chorturmkirchen in Sachsen und Sachsen-Anhalt - Teil 3
Unser Lieben Frauen vom Berge, Penig
Radwanderer wissen den Mulderadweg zu schätzen, denn sie kommen hier an interessanten Orten vorbei. Ein solcher Ort ist zum Beispiel Penig, ein kleines sächsisches Städtchen mit Marktplatz, Rathaus, bemerkenswerten Portalen und eindrucksvoller Stadtkirche (mit dem schönen Namen "Unser Lieben Frauen vom Berge") hoch über der Mulde. Nicht weit entfernt - und seit 2003 Ortsteil von Penig - liegt das Dorf Niedersteinbach *).
*) Wenn es ein Niedersteinbach gibt, sollte doch auch ein Obersteinbach vorhanden sein. Dem ist tatsächlich so - und der hier in der Gegend fließende Steinbach war einstmals die Grenze zwischen dem ernestinischen und albertinischen Sachsen bei der sogenannten Leipziger Teilung (wikipedia).
Die Chorturmkirche in Niedersteinbach (Penig, Sachsen)
Chorturmkirche Niedersteinbach
Die Chorturmkirche Niedersteinbach zählt mit zu den schönsten barocken Dorfkirchen in Sachsen. Doch ihr Ursprung ist (spät)romanisch, sie wurde zwischen 1200 und 1250 erbaut. Chorturmkirchen sind etwas Besonderes, der Turm steht bei diesen Kirchen über dem Chorraum (also im Osten) und nicht wie sonst häufig im Westen. In Niedersteinbach fallen die porphyrroten Verzierungen an dem sonst makellos weißen Gebäude auf. Besonders schön verziert ist die Apsis, mit ihrem profilierten Rundbogenfries und den Halbsäulchen mit ornamentierten Kapitellen. Am Turm befinden sich gekuppelte Rundbogenfenster mit Säulen und kleinen (Scheiben-) Würfelkapitellen.
Und noch eine Besonderheit ist außen zu entdecken: Im neuen Westportal wurde das alte romanische Tympanon (das halbkreisförmige Feld über dem Portal) wiederverwendet. Dieses Tympanon ist mit einem romanischen Christuskopf geschmückt!
Das Kirchenschiff erfuhr mehrfache Veränderungen, 1754 erfolgte eine barocke Umgestaltung, im 19. Jahrhundert wurden die Emporen eingebaut. Diese (Bilderbuch-) Chorturmkirche macht einen ausgesprochen harmonischen Eindruck - sehen Sie selbst!
Die Chorturmkirche in Flemmingen *)
Chorturmkirche Flemmingen
Infotafel
Auch im nur einen Katzensprung entfernten Flemmingen befindet sich eine Dorfkirche mit einem romanischen Chorturm. Die Kirche in Flemmingen wurde erstmals 1252 erwähnt. Im Laufe der Zeit wurde das Gebäude mehrfach verändert, 1490 erfolgte ein spätgotischer Umbau, 1649 wurde anstelle einer halbkreisförmigen Apsis der jetzige rechteckige Chorraum gebaut und später auch der Langhaus-Anbau. Das sehr gut erhaltene romanische Portal vom Ende des 12. Jahrhunderts ist 1887 an die Westseite versetzt worden. In das gestuften Portalgewände sind vollrunde Säulen mit ornamentierten (Palmetten) Kapitellen eingestellt. Das Tympanon zeigt Ranken und zwei geometrische Muster. Für eine Dorfkirche ist so ein aufwändiges und hervorragend erhaltenes romanisches Portal absolut bemerkenswert!
Auf der Informationstafel erfährt man Wissenswertes über die Kirche in Flemmingen: zum Beispiel über die Grabplatten, über die Glocken und dass die Sonnenuhr ca. 250 Jahre alt ist.
*) Flemmingen liegt nicht mehr in Sachsen, es ist ein Ortsteil von Jückelburg, Landkreis Altenburger Land - und damit eine Gemeinde in Thüringen.
(Aber das ist eigentlich nicht wichtig ;-))
(Aber das ist eigentlich nicht wichtig ;-))
Die Chorturmkirche in Langenleuba-Niederhain
Wir bleiben noch in Thüringen, denn Langenleuba-Niederhain ist ebenfalls eine Gemeinde im Landkreis Altenburger Land mit bemerkenswerter Dorfkirche. Die Kirche war im Mittelalter dem hl. Nikolaus geweiht. Ihre Ostteile mit Chor und Apsis stammen aus romanischer Zeit (12. Jahrhundert), das Kirchenschiff wurde allerdings im 16. Jahrhundert neu gebaut, weitere Anbauten erfolgten im 18. Jahrhundert. Lange Zeit vernachlässigt, erfolgte 1985 die Wiedereinweihung der Kirche. 1733 schlug der Blitz in den alten Kirchturm ein; der bereits baufällige alte Turm wurde daraufhin abgetragen und ein neuer errichtet. Auch die Kirche in Langenleuba-Niederhain ist also vom Typ her eine echte Chorturmkirche!
Die Chorturmkirche in Ossa (Narsdorf)
Vor dem Kirchhof in Ossa
Die Lutherkirche in Ossa (ein Ortsteil der Gemeinde Narsdorf im Landkreis Leipzig) wurde im 12./13.Jahrhundert errichtet. Die usprüngliche und kleine Chorturmkirche wurde 1500 umgebaut, das Schiff vergrößert und ebenso wurde der Chor im Osten erweitert bzw. ein neuer Chor (mit Rippengewölbe im Innern) angebaut. 1603 erhielt der Turm seine imposante barocke Haube. Und vor dem Tor zum Kirchhof steht eine Luthereiche, gepflanzt am 10.11.1883.
Im "Dehio" kann man außerdem nachlesen, dass sich in der "Südwand des Kirchenschiffes ein romanisches Portal mit schmucklosem Tympanon und 3/4-Säulchen im Gewände" befindet. Von außen kann man das Portal allerdings nicht sehen, es wird durch die Eingangshalle verdeckt.
Die Dorfkirche in Jahnshain
Kirche Jahnshain
Die Dorfkirche in Jahnshain ist KEINE Chorturmkirche. Doch sie liegt mit ihrem erhöhten Chor und der schlanken Turmspitze so malerisch am Dorfrand, dass sie weithin über das Feld zu sehen ist und unbedingt hier Erwähnung finden muss. Das Kirchenschiff stammt aus romanischer Zeit, der das Schiff überragende deutlich höhere Chor mit Maßwerkfenstern und Strebepfeilern wurde 1500 angefügt.
Die Chorturmkirche Rathendorf
Chorturmkirche Rathendorf
Auch die Rathendorfer Kirche stammt ursprünglich aus der Romanik, sie wurde Ende des 12. Jahrhunderts erbaut. Wie die meisten Kirchen wurde sie immer wieder erweitert oder umgebaut. Doch dies hier ist quasi ein Neubau. Wie man sieht: Gelungen!
Bei Wikipedia kann man folgendes lesen: "Von 1998 bis 2000 wurde die Rathendorfer Kirche außen und innen aufwendig renoviert. Unmittelbar nach Abschluss dieser Arbeiten brannte die Kirche am 31. März 2000 nieder. Diebe, die die Altarfiguren gestohlen hatten, zündeten das Gebäude an, um ihre Spuren zu verwischen. Außen dann originalgetreu wiederaufgebaut, wurde der Innenraum modern gestaltet. Die Einweihung der innerhalb von 18 Monaten wiedererrichteten Kirche war am 28. Oktober 2001." (Zitiert nach: https://de.wikipedia.org/wiki/Rathendorf)
In anderen Regionen, z. B. im Saalekreis um Halle (Saale) sind Chorturmkirchen durchaus selten. Aber auch hier kann man sie finden. Wo? Schauen wir mal...
zu Chorturmkirchen im Saalekreis