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Türme an Feldsteinkirchen in der Altmark - Teil 4: Rund um Bismark
Die Goldene Laus in Bismark
"Biskopesmarke" - das bezeichnete die Grenze der Bistümer Halberstadt und Verden. Neben einer Burg entwickelte sich hier die heutige Kleinstadt Bismark, die im Mittelalter sogar Ziel einer Wallfahrt war. Der Turm der alten Wallfahrtskirche an der Straße von Bismark zum Kloster Neuendorf blieb erhalten. Angeblich soll hier ein Kreuz vom Himmel gefallen sein und etliche Wunderheilungen stattgefunden haben. Am Turm, der den seltsamen Namen Goldene Laus trägt, kann man auf einer Tafel Genaueres dazu erfahren:
"Der Turm ist ein Rest der Wallfahrtskirche "Maria Himmelskönigin", die im 12. Jahrhundert entstand. An dieser Stelle soll ein wundertätiges (goldenes) Kreuz vom Himmel gefallen sein, was zum Bau der Kirche geführt haben soll. (Die Steine sollen vom Silberberg aus Schorstedt sein. - Chronik Schorstedt)
Scharen von Pilgern zogen an diesen Ort und erflehten Heilung und Besserung ihrer Lage. Sie brachten Reichtum nach Bismark, aber auch Krankheiten und Unheil. Die Wallfahrt wurde verboten, die Kirche blieb ungenutzt und verfiel. Im Jahre 1804 wurden die Steine der Kirche mit Genehmigung des Kirchenpatrons zu baulichen Zwecken verwendet. Der Turm blieb stehn und verfiel. 1899 und 1934 fanden erste Maßnahmen zur Erhaltung statt. 2008 erfolgte eine gründliche Sanierung. - Gekürzt aus der Chronik von F. Gehne" (Textquelle (kursiv): Informationstafel am Turm in Bismark)
Aber woher kommt der Name "Goldene Laus?"
Da gibt es natürlich nur Vermutungen... Vielleicht war am Turm der Schriftzug LAUS DEO angebracht, "Die zahlreichen Opfergaben und die mangelnden Lateinkenntnisse, vielleicht fehlten auch schon Buchstaben, könnten ... veranlasst haben daraus die Goldene Laus zu formulieren." Immerhin hat sich die Geschichte, dass oben im "Gewölbe eine Riesenlaus an einer goldenen Kette festgehalten und täglich mit einem Pfund Fleisch und Wein gespeist wurde und an den Wallfahrtstagen den Gläubigen gezeigt wurde", als Sage erhalten.
Aus der Sage von der Goldenen Laus:
Die Stadtkirche in Bismark
Bismark eignet sich hervorragend als Ausgangspunkt für kleinere oder größere Fahrradausflüge, kommen Sie also mit auf eine kleine Runde durch die Altmark! Aber vorher umrunden wir noch die Kirche in Bismark. Mit dem Bau der Feldsteinkirche wurde in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts begonnen, ursprünglich in der Form einer dreischiffigen Basilika mit Westquerturm, Querschiff und rechteckigem Chor. Im 14. Jh. erfolgte der Umbau des Kirchenschiffes zu einer Stufenhalle. Aus der romanischen Zeit sind jedenfalls Turm und Chor, die Querhausarme mit der Vierung und die schönen abgestuften Rundbogenportale an den Querhausarmen erhalten.
Von hier starten wir jetzt unsere kleine Tour. Unser erster Stopp auf der Feldsteindorfkirchenrunde führt uns nach
Arensberg
Die malerisch auf einer kleinen Anhöhe liegende Dorfkirche Arensberg stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert (um 1220). Sie besteht aus dem Westquerturm, einem quadratischen Schiff und einem eingezogenen ebenfalls quadratischen Chor. Besonders sorgfältig wurden die scharfkantigen Eckgewände gemauert. Der Turm hat von außen keinen Zugang. Die schmalen Lichtschlitze des Turms wurden im unteren Geschoss zu Fenstern erweitert, im oberen blieben sie erhalten. Wie fast überall wurden auch hier im Schiff und im Chor die ursprünglichen kleinen romanischen Fenster irgendwann durch größere ersetzt. Die beiden Rundbogenportale an der Nordseite jedoch haben sich aus romanischer Zeit erhalten.
Von Arensberg ist es nur ein kurzer Sprung nach
Büste
Die Feldsteinkirche mit Breitturm, Schiff und eingezogenem Rechteckchor in dem Ort mit dem lustigen Namen stammt vom Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts. Der Turm hat die Maße von ca. 12 Meter x 6,80 Meter, doch sein Innenraum im Erdgeschoss ist nur etwa 1,53 Meter breit - die Mauerstärken des Turmes sind deshalb gewaltig und betragen unten ca. 2,3 und 2,8 Meter! Ein äußerer Eingang führt in 10 Meter Höhe in der dem Dorf zugewandten Südwand zum Turmobergeschoss. Der Durchgang ist hakenförmig (dadurch konnten keine Geschosse eindringen), die anschließende Treppe zum nächsten Geschoss verläuft mehrfach gewinkelt innerhalb der Mauer. Schmale Schlitze im Turm dienen der Belichtung. Wozu baute man solch mächtige Türme? Der Gedanke an Schutz- und Wehrfunktion liegt nahe und wird bis heute kontrovers diskutiert.
Weil die Altmarkdörfer hier so dicht beieinander liegen - man kann sozusagen von einem Kirchturm zum nächsten schauen - ist man in wenigen Fahrradminuten schon im nächsten Dorf.
Meßdorf
Eindrucksvoll erhebt sich die Dorfkirche Meßdorf auf der Anhöhe des von einer Mauer umgebenen Kirchhofes. Als "Methisdorpe" wird der Ort bereits 1060 erstmalig erwähnt. Das Kloster Corvey hatte im Ort Besitz und bezog Einkünfte aus 'seinem' Meßdorf. Die vierteilige Kirche (Turm, Schiff, Chor und Apsis) wird noch vor 1200, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gebaut worden sein. Das Mauerwerk ist sorgfältig ausgeführt, im 13. Jahrhundert wurde der Turm erhöht, die zugestzten Fenster sind noch erkennbar. Das Westportal im Turm stammt ebenso wie die Strebepfeiler und die vergrößerten Fenster des Kirchenschiffes vom Ende des 19. Jahrhundert.
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Schönebeck
Die Dorfkirche Schönebeck (nicht verwechseln mit der gleichnamigen Stadt an der Elbe) stammt aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, aber auch sie wurde natürlich über die Jahrhunderte ständig ausgebessert und verändert. Der Turm hat keinen Zugang von außen, aus der ehemaligen Einstiegstür in der Südwand wurde später ein Fenster. Die Laibungen der Schallöffnungen bestehen aus Backstein. Die ursprüngliche Belichtung des Turmes erfolgte nur durch schmale Lichtschlitze. Wie üblich wurden die Fenster im Schiff vergrößert, in der Apsis hat sich jedoch ein kleines romanisches Fenster erhalten.
Es ist sehr entspannend, auf den wenig befahrenen Straßen mit dem Fahrrad von einem Dorf zum anderen zu fahren. Manchmal sind die Wege huckelig, doch meist kann man gut ausgebaute Wege benutzen... Von weitem grüßt uns jetzt der Turm der Dorfkirche
Möllenbeck
Auf dem Kirchhof erwartet uns eine Überraschung: Hier gibt es Dutzende von akkurat geschnitten Büschen, Sträuchern und Hecken, die von einer liebevollen und aufwändigen Pflege zeugen. Auch die Kirche enttäuscht nicht: Sauber sind die Feldsteine geschichtet, das Mauerwerk ist sehr sorgfältig ausgeführt. Die aus der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts stammende Kirche besteht aus dem Westquertum, dem Schiff, dem eingezogenen Chor und liegt markant auf einer Anhöhe. Der mächtige Breitturm zeigt gepaarte rundbogige Schallöffnungen, die Strebepfeiler wurden nachträglich angebaut. Das Rundbogenportal auf der Nordseite und das Ostfenster im Chor sind ursprünglich.
Gleich um die Ecke gelangen wir zur Dorfkirche in
Dobberkau
Auch diese Kirche stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, sie besteht aus Westquerturm, Schiff und eingezogenem Chor und ist vom Typ der vorigen sehr ähnlich*). Die drei kleinen Fenster im Chor sind ursprünglich.
*) Falls Ihnen das auch aufgefallen ist - im Umkreis von ca. 10 km Durchmesser trifft man hier auf mehrere ähnliche Kirchenbauten (Biesenthal, Dobberkau, Flessau, Möllenbeck, Natterheide, Späningen, Wollenrade) in der Form Westquerturm, Schiff und Rechteckchor, die alle zu Beginn des 13. Jahrhunderts errichtet wurden. Vielleicht waren hier die gleichen Bauleute (oder zumindest die gleiche Bauhütte) tätig?
Unsere kleine Runde um Bismark nähert sich dem Ende, die letzte Station ist
Hohenwulsch
Die Kirche wurde Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut, die verwendeten Feldsteine sind sorgfältig bearbeitet. Das Schiff ist etwa quadratisch, doch das ist von außen kaum zu erkennen, denn zur Barockzeit wurde kräfig umgebaut: Der Chor wurde verlängert und mit einem dreiseitigen Ostabschluss versehen und im Süden wurde eine Herrschaftsloge angebaut. Bemerkenswert ist der hochgelegene Turmeingang auf der Südseite, der erst 1914 durch eine Außentreppe wieder nutzbar gemacht wurde. Aus der Erbauungszeit stammt auch das abgestufte Südportal mit dem Kreisfenster darüber. (Leider war davon kein Foto möglich, da die Kirchhoftür beim Besuch verschlossen war.)
Hat Ihnen die kleine Runde um Bismark gefallen? Dann bleiben wir noch in der Nähe, fahren nur ein kleines Stück weiter und schauen uns jetzt die Dorfkirchen im Südwesten von Osterburg an.
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Quellen und Literaturhinweise:
Scholke, Horst: Stille Schönheit. Romanische Feldsteinkirchen in der Altmark, Oschersleben 1993
Hanns H. F. Schmidt: Zwischen Elbe und Ohre. Wanderungen zu Dorfkirchen in der Altmark. Evangelische Verlagsanstalt Berlin, 1984
Scholke, Horst: Stille Schönheit. Romanische Feldsteinkirchen in der Altmark, Oschersleben 1993
Hanns H. F. Schmidt: Zwischen Elbe und Ohre. Wanderungen zu Dorfkirchen in der Altmark. Evangelische Verlagsanstalt Berlin, 1984
zu den Dorfkirchen im Südwesten von Osterburg